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Zentralrat der Juden empört

Viel Kritik nach Neonazi-Aufmarsch in Plauen

  • Veröffentlicht: 02.05.2019
  • 18:32 Uhr
  • dpa
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© (c) dpa-Zentralbild

Einheitliche T-Shirts, Fahnen und Trommeln: Hätte die Polizei den Aufmarsch einer rechtsextremen Partei in Plauen am 1. Mai auflösen können?

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Nach einem Marsch gleich gekleideter Rechtsextremisten mit Trommeln und Fahnen durch Plauen stehen die sächsische Landesregierung und der Landkreis als Versammlungsbehörde in der Kritik. Grüne und Linke in Sachsen forderten Aufklärung, warum die Demonstration nicht unterbunden wurde. Auch SPD und Zentralrat der Juden kritisierten die Genehmigung der Versammlung der rechtsextremen Kleinstpartei Der Dritte Weg am 1. Mai. Die meisten Teilnehmer hatten beige T-Shirts mit dem Aufdruck "National revolutionär sozialistisch" getragen, auch Signalfackeln waren zum Einsatz gekommen. Das Landratsamt hatte das erlaubt.

Der Zentralrat der Juden in Deutschland zeigte sich empört. "Wenn es die sächsische Landesregierung mit der Bekämpfung des Rechtsextremismus ernst meint, darf sie solche Demos nicht zulassen", sagte Präsident Josef Schuster am Donnerstag. Die jüdische Gemeinschaft erwarte von den zuständigen Behörden und der Landesregierung entschlossenes Handeln und sichtbare Konsequenzen. Der Aufmarsch habe ausgerechnet am Vorabend des jüdischen Shoa-Gedenktages stattgefunden und lasse Erinnerungen an das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte wach werden.

"Aufmärsche im SA-Stil nicht dulden"

Der SPD-Vizefraktionschef im Landtag, Henning Homann, sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Aufmärsche im SA-Stil dürfen und werden wir nicht dulden." Der Vogtlandkreis war am Donnerstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Das sächsische Versammlungsgesetz verbietet es, "öffentlich oder in einer Versammlung Uniformen, Uniformteile oder gleichartige Kleidungsstücke als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung zu tragen", wenn dies einschüchternd wirken kann. Hätte die Polizei einen Verstoß festgestellt, hätte sie die Versammlung auflösen können und gegen einzelne Teilnehmer Anzeige erstatten müssen.

Am Donnerstag schrieb Sachsens Polizei auf Twitter, dass es sich bei den T-Shirts nach ihrer Einschätzung nicht um gleichartige Kleidung gehandelt habe, da "keine Anlehnung an aktuelle oder historische Uniformen ersichtlich war". Daher habe es keinen Verstoß gegen das Uniformierungsverbot gegeben. In anderen Fällen war das Tragen von Bomberjacken und Springerstiefeln bei Versammlungen als Verstoß gegen das Uniformverbot gewertet worden.

Einschreiten? Kann man, muss man aber nicht

Sachsens Grüne und Linke verlangten Aufklärung. Es sei mehr als offensichtlich, dass Der Dritte Weg zurück ins "Dritte Reich" führen solle, erklärte unter anderem Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt.

Nach Einschätzung des Staatsrechtlers Christoph Degenhart von der Universität Leipzig hätte die Polizei bei dem Aufmarsch einschreiten können, aber nicht müssen. Entscheidend für ein Uniformverbot sei, ob der Auftritt auf die Einsatzkräfte einschüchternd gewirkt habe, sagte der Jurist der dpa. Die Polizei habe offensichtlich aber keine derartige einschüchternde Wirkung gesehen. "Ihre Einschätzung ist vertretbar, auch wenn ein Einschreiten durchaus im Bereich des Möglichen gelegen hätte." In Zusammenschau mit den Fahnen sowie dem T-Shirt-Aufdruck wäre diese Annahme vertretbar gewesen.

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