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Die Stimmen der Älteren

Wer profitiert von der Macht der Rentner?

  • Veröffentlicht: 28.08.2017
  • 16:29 Uhr
  • dpa
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© Maurizio Gambarini/dpa

Wird Deutschland zur Rentnerdemokratie? Bestimmen die mehr als 21 Millionen Wahlberechtigten der Generation 60plus, wo es langgeht? Ist es für die CDU ein Risiko, nicht voll aufs Thema Rente zu setzen? So einfach ist es nicht.

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Die Zahlen scheinen eindeutig. Die Generation ab 60 Jahren stellt mehr als jeden dritten Wahlberechtigten - die Generation unter 30 nur knapp ein Sechstel. Sind wir in der Rentnerdemokratie angekommen, vor der schon 2008 der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog warnte?

Parteien sind sich der Bedeutung der Rentner bewusst

Die Parteien tun tatsächlich einiges, um es den Älteren recht zu machen. Mit ihren Rentengesetzen hat die Koalition ihre Legislaturperiode umklammert: Stand zu Beginn das Rentenpaket unter anderem mit der abschlagsfreien Rente ab 63, so verabschiedeten Union und SPD noch im Sommer die Ost-West-Rentenangleichung und Verbesserungen für künftige Betriebsrentnern.

Die SPD stellt die Rente mit ins Zentrum ihres Gerechtigkeitswahlkampfs. Die Union sieht zwar wenig aktuellen Reformbedarf bei der Altersvorsorge, verspricht den Rentnern aber angemessene Einkommen und will eine Rentenkommission einsetzen. Die Linke will eine Mindestrente von 1050 Euro, die Grünen eine stärkere gesetzliche Rente als Bürgerversicherung.

Wahlbeteiligung über dem Durchschnitt

Doch sind die Rentner tatsächlich wahlentscheidend? Einerseits ja - die Rolle der Älteren bei der Bundestagswahl im September ist sogar größer als ihr ohnehin starker und wachsender Anteil an der Bevölkerung. Denn die Wahlbeteiligung der Älteren ist höher als bei den Jüngeren, wie Bundeswahlleiter Dieter Sarreither vor kurzem in Berlin deutlich machte.

Der Trend fällt den Statistikern bei den Bundestagswahlen bereits seit Jahren auf. So lag die Wahlbeteiligung 2009 und 2013 sowohl bei den 60- bis 69-Jährigen als auch bei der Generation 70plus über dem Durchschnitt - bei allen Altersgruppen unter 40 darunter. Das politische Einflusspotenzial der älteren Wahlberechtigten steigt also erheblich.

Herzogs' Rentnerdemokratie ist ausgeblieben

Doch was heißt das für die Parteien und ihre Inhalte? Ist schon allein deshalb die Rente wirklich das entscheidende Thema? Nicht unbedingt. Zwar spielt die Zukunft der Renten unter den wichtigen Problemen in Deutschland laut «Politbarometer» der Forschungsgruppe Wahlen eine große Rolle, aber die Werte für Arbeitslosigkeit und Bildung sind ähnlich - und die Flüchtlingspolitik wird insgesamt als deutlich wichtiger eingestuft.

Die Bertelsmann-Stiftung hat die dahinterliegenden Einstellungen in einer Studie mit tiefenpsychologischen Interviews und einer repräsentativen Umfrage untersucht. Die Forscher kommen zu einem überraschenden Befund: Die Rentnerdemokratie, in der «die Älteren die Jüngeren ausplündern», wie dies Roman Herzog befürchtete, ist nicht in Sicht. «Es ist eher das Gegenteil der Fall», sagt die Bertelsmann-Demokratieforscherin Christina Tillmann.

«In der älteren Generation ist die langfristige Orientierung und der Zukunftsblick sehr ausgeprägt», erläutert sie. «Dies ist verbunden mit längerfristigen Bindungen an die Parteien.» Viele ältere Wähler nähmen dabei sogar in Kauf, dass ihre Partei auch Positionen vertritt, die den eigenen Interessen entgegenstehen. Laut der Studie stellen eher die kurzfristigen politischen Entscheidungen der Jüngeren Parteien und Demokratie vor Herausforderungen - und weniger ein am eigenen Interesse ausgerichtetes Wahlverhalten der Älteren.

Grüne schneiden schlecht ab

Parteienbindung und Gesamteinstellungen der älteren Wähler wirken sich dennoch spürbar aus. So war die CDU 2013 zwar bei allen Altersgruppen die stärkste Partei, am knappsten war der Vorsprung bei den jungen Wählern. Bei den Wählern ab 70 aber stieg der CDU-Stimmenanteil sprunghaft auf 43,6 Prozent an. Die SPD kam bei den 60- bis 69-Jährigen mit 28,4 Prozent auf ihren höchsten Anteil, ebenso die Linken mit 10,1 Prozent.

Sorgen machen müssen sich wegen diesen Entwicklungen aktuell vor allem die Grünen. Sie erreichten 2013 in allen Altersgruppen bis 59 zweistellige Ergebnisse, bei den über 60-Jährigen schnitten sie vergleichsweise schlecht ab - bei der Generation 70plus sogar nur mit 3,3 Prozent.

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