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Referendum auf der Krim

Wie? Warum? Was kommt danach?

  • Veröffentlicht: 16.03.2014
  • 11:45 Uhr
  • mei, AP
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© RTR

Die Bevölkerung auf der ukrainischen Halbinsel Krim entscheidet am (heutigen) Sonntag in einem Referendum über ihre Zukunft. In dem hastig anberaumten Volksentscheid geht es darum, ob die Region mit ihren rund zwei Millionen Einwohnern Teil der Ukraine bleibt oder sich Russland anschließt. Die internationale Gemeinschaft hat signalisiert, dass sie das Referendum nicht für legitim hält und das Ergebnis nicht anerkennen wird.

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Wie kam es zum Referendum

Die Entwicklung begann mit den Protesten, die zum Sturz des ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch führten. Janukowitsch genoss die Unterstützung Moskaus und hatte in der überwiegend aus ethnischen Russen bestehenden Bevölkerung im Südosten der Ukraine großen Rückhalt. Im November legte er ein geplantes Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union auf Eis und wandte sich stattdessen Russland zu. Die Folge waren wochenlange Proteste in der Hauptstadt Kiew, die lange friedlich verliefen, Ende Februar jedoch eskalierten und Dutzenden Menschen das Leben kosteten.
  Schließlich verständigten sich Regierung und Opposition unter Vermittlung und Aufsicht von EU-Diplomaten auf ein Friedensabkommen. Doch die Situation war bereits so dynamisch, dass sich die Ereignisse überschlugen und das Abkommen außer Kraft setzten. Die Demonstranten übernahmen die Kontrolle über die Hauptstadt Kiew, die Polizei verließ ihre Posten. Das Parlament stimmte für die Absetzung Janukowitschs, benannte einen Nachfolger.

Ein Vorschlag des neuen Parlaments, wonach die russische Sprache weniger Bedeutung haben sollte, ließ die Alarmglocken in vielen Teilen des Landes und in Russland klingeln. Moskau erklärte zudem seine Sorge über ethnisch motivierte Übergriffe auf Russen in der Ukraine - ein Argument, mit dem auch die Militäraktionen auf der Krim gerechtfertigt wurden. Kritiker sehen in solchen Behauptungen jedoch nur einen Vorwand.

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Wie war die Stimmung vor der Abstimmung

Bei dem Referendum haben die Bürger zwei Optionen: Entweder erhält die Krim weitreichende Autonomie, bleibt aber ukrainisch. Oder, was als wahrscheinlich gilt, die Bevölkerung entscheidet sich für einen Anschluss an Russland.
  Eine wirkliche öffentliche Debatte hat es vor der Abstimmung nicht gegeben. Dazu trug auch die hohe Präsenz prorussischen Militärs bei. Moskau bestreitet allerdings weiter, dass es Soldaten auf die Krim beordert hat.

Die Angst bei den ethnischen Russen vor einer Marginalisierung wurde jedoch immer wieder geschürt. Auf einer Plakatwand waren nebeneinander zwei Landkarten mit der Krim abgebildet: Auf der einen wurde die Region in den Farben der russischen Flagge gezeigt. Auf der anderen prangte in den Umrissen der Halbinsel auf blutrotem Hintergrund ein Hakenkreuz.

Befürworter des Referendums sagen, die Abstimmung ähnele der über die Unabhängigkeit Schottlands von Großbritannien später in diesem Jahr. Die britische Regierung hält jedoch dagegen, dass das Schottland-Referendum bereits seit zwei Jahren geplant sei und in einem Klima der freien Diskussion und Meinungsäußerung ablaufe. Die Bewohner der Krim hätten dagegen weniger als zwei Wochen Zeit gehabt, und von einer öffentlichen Debatte sei nichts zu sehen oder hören gewesen.

Was passiert nach dem Referendum auf der Krim? 

Trotz der internationalen Ablehnung des Referendums hätte eine prorussische Verwaltung auf der Krim zumindest den Anschein einer Legitimation durch die Volk. Die Behörden haben bereits angekündigt, dass sie es nicht hinnehmen werden, wenn ukrainische Soldaten nach einem Votum für den Anschluss an Russland weiter in ihren Kasernen auf der Krim bleiben.

Dass nach einem Votum tatsächlich Ruhe auf der Krim einkehrt, ist zu bezweifeln. Führer der tatarischen Minderheit, die immerhin ein Zehntel der Bevölkerung stellt, haben deutlich gemacht, dass sie Teil der Ukraine bleiben wollen. Sie sorgen sich vor einer Unterdrückung durch eine prorussische Verwaltung.

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Welche Folgen hat das Referendum für Russland?

Russland selbst droht als Konsequenz eine verschärfte internationale Isolation. Selbst China - sonst ein enger Verbündeter - hat sich im UN-Sicherheitsrat am Samstag bei der Abstimmung über eine Ukraine-Resolution enthalten. Die USA und die Europäische Union haben bereits massive wirtschaftliche und politische Sanktionen angekündigt.

In großen Teilen der russischen Bevölkerung hat Präsident Putin mit seiner Hardliner-Politik auf der Krim jedoch nochmals kräftig an Ansehen gewonnen.

Wie geht es in der Ukraine weiter?

Im Osten der Ukraine liegt ein weiterer Brennpunkt. Auch dort stellen Russen einen großen Teil der Bevölkerung und die Regierung im fernen Kiew genießt keine umfassende Anerkennung. In den vergangenen Tagen ist es in dem Landesteil zu schweren Ausschreitungen gekommen. Ob auch hier eine Abspaltung droht, ist angesichts der unübersichtlichen Situation unklar.

Für den 25. Mai sind Präsidentschaftswahlen in der Ukraine angesetzt. Die Interimsregierung soll dann durch ein vom Volk gewähltes Parlament ersetzt werden. Welche Kräfte dann die Oberhand haben und ob es damit tatsächlich die angestrebte Rückkehr zu demokratischen Prozessen geben wird, ist jedoch offen.

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