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Schüler fordern Klimaschutz

Zähes Verhandeln um Kohle-Kompromiss

  • Veröffentlicht: 25.01.2019
  • 20:19 Uhr
  • dpa
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In einer Marathon-Sitzung feilschen Industrie, Gewerkschaften, Kohleländer und Klimaschützer um den Kohleausstieg. Druck kommt von Tausenden Schülern, die sich um ihre Zukunft sorgen - und von Ministerpräsidenten, die der Kanzlerin einen Brief schreiben.

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Harter Kampf um Kraftwerke, Jobs und Klimaschutz: Begleitet von Protesten haben Industrie, Gewerkschaften, Politik und Klimaschützer um einen Kompromiss für den Kohleausstieg gerungen. Die Verhandlungen der Kohlekommission in Berlin zogen sich am Freitag in den Abend, Teilnehmer rechneten mit einer Nachtsitzung. Auch eine Vertagung galt am Abend noch als möglich. Strittig war insbesondere, wann und wie schnell Kohlekraftwerke vom Netz gehen sollen. An der Braun- und Steinkohle hängen Zehntausende Jobs, rund ein Drittel des Stroms kommt aus Kohlekraftwerken. Tausende Schüler zogen durchs Regierungsviertel und forderten von der Politik mehr Klimaschutz.

Auch die Finanzierung des Strukturwandels in den Kohleregionen und der Unterstützung für die Industrie beschäftigte die 28-köpfige Kommission. Die Regierungschefs der Kohle-Länder Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Nordrhein-Westfalen riefen die Bundesregierung zu "belastbaren Zusagen" über langfristige Finanzhilfen für die Kohleregionen auf. In einem Brief an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) heißt es, die Kommission werde zu Maßnahmen für den Strukturwandel lediglich "Appelle" formulieren können: "Entscheidend sind verbindliche Absprachen über den Umfang und das weitere Verfahren, die auch für folgende Bundesregierungen gelten."

Kommission kann nur Konzept liefern

Tatsächlich kann die Kommission nur ein Konzept für das Mammutprojekt Kohleausstieg liefern, umsetzen muss es die Politik. Milliarden an Steuergeldern sollen unter anderem für Entlastungen von Bürgern und Industrie bei steigenden Strompreisen fließen, für Entschädigungen an die Kraftwerksbetreiber, aber auch für Hilfen für die betroffenen Beschäftigten sowie Investitionen in neue Jobs in den Kohleregionen Lausitz, Mitteldeutsches Revier und Rheinisches Revier.

In dem Brief heißt es, eine belastbare Zusage des Bundes, die erforderlichen struktur- und verkehrspolitischen Maßnahmen zu finanzieren, sei eine zentrale Voraussetzung dafür, dass die Ergebnisse der Kommission die Akzeptanz der betroffenen Menschen in den Braunkohlerevieren finden. Ziel der Kommission ist ein breiter gesellschaftlicher Kompromiss, ähnlich wie beim Atomausstieg.

Die Kohle-Länder hatten sich Mitte Januar bereits mit Merkel und den zuständigen Bundesministern getroffen. Dabei hatte Finanzminister Olaf Scholz (SPD) laut dem sachsen-anhaltischen Ministerpräsidenten Reiner Haseloff (CDU) langfristige Hilfen zugesagt. Für kommenden Donnerstag ist ein weiteres Treffen geplant. Am Tag danach könnte die Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung", wie sie offiziell heißt, ein weiteres Mal zusammenkommen.

Prozess muss beschleunigt werden

Deutschland steigt schon jetzt langsam aus der Kohle aus, außerdem bis 2022 aus der Atomkraft. Der Prozess muss aber beschleunigt werden, damit die deutschen und internationalen Ziele im Klimaschutz einzuhalten sind. Bei der Verstromung von Braun- und Steinkohle entsteht viel Kohlendioxid (CO2), das in der Atmosphäre den Klimawandel beschleunigt. Laut einem Entwurf des Kommissionskonzepts soll in den Jahren 2023, 2026 und 2029 überprüft werden, wie sich der Kohleausstieg zum Beispiel auf die Entwicklung der Strompreise auswirkt - um falls nötig nachzusteuern.

Die Sitzung der Kohlekommission wurde von Protesten begleitet. Am Morgen demonstrierten Mitglieder der Bergbau-Gewerkschaft IG BCE sowie Umweltaktivisten am Wirtschaftsministerium. Am Mittag sammelten sich Tausende Schüler und Studenten, um lautstark für einen schnellen Kohleausstieg und mehr Klimaschutz zu demonstrieren - einige trugen ihr Anliegen auch direkt der Kommission vor.

Viele Schüler-Demonstrationen

Viele der jungen Demonstranten waren aus anderen Städten angereist. Seit Wochen demonstrieren Schüler freitags für Klimaschutz, statt zur Schule zu gehen. Gesicht der Bewegung "Fridays for Future" (Freitage für die Zukunft) ist die schwedische Schülerin Greta Thunberg, die am Freitag auf der Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums in Davos eine Rede hielt.

Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach im Ministerium mit Schülern. Er traf auch die jungen Demonstranten vor dem Ministerium. Sie hätten ihr Engagement "nachdrücklich" gezeigt, sagte er mit Blick auf laute Buh-Rufe. Zu ihm kämen aber auch Menschen, die Angst um ihre Jobs hätten. Er nehme die Proteste ernst, sagte der Minister, und forderte die jungen Menschen auf, sich in Parteien zu engagieren.

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