Kryptowährung in der Krise – steht der Bitcoin vor dem Aus?
Sieben Jahre nach Markteinführung kämpft der Bitcoin weiter um Akzeptanz. Experten prognostizieren unterdessen das Aus für die Internetwährung. Die Technik bleibt aber auf jeden Fall erhalten.
Die Zukunft ist digital. Dies ist nicht nur der inoffizielle Wahlspruch der jährlich in Hannover stattfindenden CeBit, sondern auch die Parole derjenigen, die für Zahlungsvorgänge nicht mehr auf klassische Finanzmittel zurückgreifen, sondern stattdessen digital mit Bitcoin bezahlen. Die Internetwährung, die 2009 eingeführt wurde, sollte die Mängel der gesetzlich vorgeschriebenen Bezahlsysteme ausgleichen und war die Antwort einer jungen Generation auf den Vertrauensverlust in die globalen Finanzsysteme. Manche sprechen bereits davon, das Bargeld stehe vor dem Aus.
In seinem Whitepaper begründet der Entwickler des Bitcoins, Satoshi Nakamato, dessen Identität bis heute nicht geklärt ist, die Einführung einer elektronischen Währung mit den Worten: "Mit einer elektronischen Währung, die auf einem kryptografischen Beweis beruht und kein Vertrauen in Mittelsmänner benötigt, ist Geld sicher und kann mühelos transferiert werden." Sichere und unkomplizierte Zahlungsvorgänge stellen also die Grundpfeiler der E-Währung dar.
Und tatsächlich sah es lange Zeit danach aus, als könne der Bitcoin, übrigens eine Komposition aus den Begriffen "Bit", also die kleinste Maßeinheit für eine Datenmenge, und dem englischen Wort für "Münze", "Coin", die klassischen Zahlungsmittel zukünftig ablösen und zu einer Art digitalen Weltwährung reifen. Ende November 2013 erreichte der Bitcoin mit 1.165,69 US-Dollar seinen bis dato höchsten Kurswert. Es folgte ein rasanter und überraschender Abstieg. Nachdem der Bitcoin zwischenzeitlich sogar die 200-US-Dollar-Grenze unterschritt, attestierten manche Experten der digitalen Währung das frühzeitige Aus.
Dabei sah es lange Zeit ganz anders aus: Als die Global Player der Weltwirtschaft ebenfalls begannen, Bitcoin-Zahlungen zu genehmigen, stieg das Vertrauen in das wenig greifbare Internet-Geld. Ende 2014 hatte Microsoft Zahlungen für den Erwerb von Software wie Windows 10, Geräten und digitalen Inhalten mit Bitcoin über den Microsoftstore ermöglicht. Im März 2015 dann der Umschwung: Der Software-Hersteller kündigte an, das Bitcoin-Experiment einzustellen. Gründe gab es seitens des Unternehmens nicht. Nur wenige Tage später verwirrte Microsoft die Internetgemeinde noch weiter, als es die Abkehr von Bitcoin-Zahlungen als "Fehlmeldung" deklarierte. Auch bei den finanzstärksten Unternehmen der Weltwirtschaft ist man sich also uneins, was man vom Bitcoin halten soll.
Was zählt ist Vertrauen
Dass es überhaupt möglich ist, aus dem Nichts heraus eine eigene Währung zu erschaffen, liegt in der Funktionsweise des Geldes begründet. Da es zeitgeschichtlich betrachtet irgendwann nicht mehr praktikabel gewesen ist, mit Warenwerten zu bezahlen, nutzte man sogenanntes Fiatgeld. "Fiat" leitet sich aus dem Lateinischen ab und bedeutet so viel wie "Es entstehe". Entstehen sollte in diesem Fall ein neues Tauschmittel, das einfacher zu transportieren ist, sodass sich Zahlungsvorgänge simpler abwickeln lassen.
Damit dieses Währungssystem allerdings funktionieren kann, bedarf es Vertrauen. Denn an sich besitzt Fiatgeld keinen Wert. Indem jedoch eine große Anzahl an Menschen das Tauschmittel und den festgesetzten Wert akzeptiert, kann mit Fiatgeld öffentlich gehandelt werden. Allerdings benötigt ein derartiges Finanzsystem auch Regularien. Die heutzutage gesetzlichen Zahlungsmittel werden durch große Behörden reglementiert und überwacht. Im europäischen Binnenraum ist dies die Europäische Zentralbank (EZB), die mit den nationalen Zentralbanken zusammenarbeitet. Der Wert von Euro-Münzen und Scheinen wird durch die EZB und die europäischen Staaten garantiert, das Vertrauen in die Währung auf diese Weise gesichert.
Ähnlich funktioniert auch das Bitcoin-System. Eine digitale Münze besitzt keinen Wert im eigentlichen Sinne. Allerdings haben viele Internetnutzer die gemeinsame Entscheidung getroffen, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Somit tätigt der Bitcoin den Schritt zur Währung, in diesem Fall zu einer digitalen Geldeinheit. Da Währungen eigentlich nur von Staaten definiert werden können, hat sich in Deutschland und einigen anderen Ländern die alternative Bezeichnung "Kryptogeld" durchgesetzt. Rechtlich werden Bitcoin überhaupt nicht als Geld definiert, sondern als Vermögenswerte gehandhabt, so wie zum Beispiel Aktienbesitz, und unterliegen der Steuerpflicht.
Die Bezeichnung als "Kryptogeld" beruht auf der kryptografischen Technik, die den Bitcoin zugrunde liegt und vor allem der Sicherheit ihrer Inhaber dienlich sein soll. Der Begriff "Bitcoin" bezeichnet im Grunde gleich zwei unterschiedliche Dinge: Zum einen das riesige Bitcoin-Netzwerk, das alle Teilnehmer des Währungssystems umfasst, und zum anderen die einzelnen Währungseinheiten, die digitalen Münzen. Transaktionen erfolgen zwischen den Teilnehmern über ein Peer-to-Peer-Computernetzwerk. Bitcoin werden dezentral generiert und auf jedem PC, der eine spezifische Software installiert hat, den Bitcoin-Client, verwaltet. Somit entzieht sich die digitale Währung einer zentralen Kontrollinstanz, eines der zentralen Anliegen der Bitcoin-Verfechter im Kampf gegen die Allmacht nationaler und supranationaler Finanzbehörden.
Ähnlich wie beim Online-Banking können Überweisungen von jedem internetfähigen Gerät unabhängig von Zeit und Ort erfolgen. Im Vergleich zur klassischen Überweisung werden Zahlungen aber nicht personalisiert. Es gibt weder Kontonummern noch Namen. Stattdessen sind Zahlungsaktivitäten durch eine Abfolge von Zahlen und Buchstaben verschlüsselt. Auf diese Weise ist es weder Transaktionspartnern noch Dritten möglich, Zahlungsvorgänge bestimmten Personen zuzuordnen, man tätigt Überweisungen folglich anonym, was den großen Reiz der Internetwährung für diejenigen ausmacht, die ihre persönlichen Daten geschützt wissen wollen, für viele aber auch als entscheidende Schwäche der Währung gilt, da sich der anonyme Geldtransfer vor allem für illegale Geschäfte und Terrorfinanzierung anbietet.
Zumindest die Technik bleibt
Der Bitcoin-Entwickler Mike Hearn überraschte Anfang des Jahres mit der Aussage: "Der Bitcoin ist gescheitert." Als Grund führte einer der Männer, der die Entwicklung und Verbreitung des Bitcoins maßgeblich vorantrieb, technische Probleme an. Bitcoin ist nämlich nichts anderes als eine Art elektronische Signaturkette, die auch als "Block Chain" bezeichnet wird und sämtliche Bitcoin-Transaktionen verzeichnet.
Prinzipiell ist die Block Chain auf jedem PC gespeichert, der Teil des Bitcoin-Netzwerkes ist. Nach jeder Transaktion wird die Informationskette aktualisiert und erweitert. Dies wiederum ist mit komplizierten Rechenprozessen verbunden. Hiermit einher geht ein Mehrbedarf an Elektrizität und Speicherkapazität. Der Innsbrucker Informatiker Rainer Böhme erklärte, dass der Weltwährung Bitcoin physische Grenzen gesetzt seien. Auf der gesamten Welt sei nicht genügend Übertragungs- und Speicherkapazität vorhanden, um Bitcoin als Weltwährung zu etablieren.
Daher arbeiten Entwickler derzeit eifrig an der Weiterentwicklung der Block Chain. Auch Mike Hearn hat das Projekt Bitcoin nur indirekt aufgegeben. Wie sich herausstellte, hat der Bitcoin-Entwickler unlängst eine neue Anstellung beim Startup R3 gefunden. Hier soll das Block-Chain-System für große Banken weiterentwickelt werden. Auch wenn also der Bitcoin tatsächlich scheitern sollte, die Technik bleibt bestehen und die Zukunft digitaler Zahlungssysteme ist gesichert. Ob dies gut oder schlecht ist, muss allerdings jeder selbst entscheiden.