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"Domino-Effekt verhindern"

Erster Landkreis steigt aus: Sorge um Zukunft des Deutschlandtickets

  • Veröffentlicht: 13.12.2023
  • 16:46 Uhr
  • Lisa Apfel
Der Fahrgastverband Pro Bahn warnt nach dem Aus des Deutschlandtickets im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt vor den Folgen.
Der Fahrgastverband Pro Bahn warnt nach dem Aus des Deutschlandtickets im Landkreis Stendal in Sachsen-Anhalt vor den Folgen. © Boris Roessler/dpa

Praktisch, bezahlbar, bundesweit nutzbar: Das Prinzip des Deutschland-Tickets überzeugt – derzeit nutzen etwa zehn Millionen Menschen das Angebot. Doch der Finanzierungsstreit lässt das Ticket immer mehr ins Wanken geraten. 

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Das Wichtigste in Kürze

  • ÖPNV zu einem fairen Preis bundesweit mit einem Ticket nutzen – so die Idee hinter dem Deutschlandticket.

  • Doch die Diskussion um die weitere Finanzierung des 49-Euro-Tickets reißt nicht ab.

  • Ein Landkreis zog nun sogar Konsequenzen.

Das Deutschlandticket stellt für viele Zugreisenden im Land eine enorme finanzielle Entlastung dar. Doch die Zukunft des 49-Euro-Tickets, das im Nah- und Regionalverkehr gültig ist, steht in den Sternen. Denn: Es gibt Streit über die Finanzierung. Und das könnte für Kund:innen mal wieder bedeuten: tiefer in die Tasche greifen. Schon ab Mai könnte eine Preiserhöhung auf die Fahrgäste zukommen.

Doch damit nicht genug: Auch die bundesweite Gültigkeit des Tickets ist nicht gesichert.

Im Video: Deutschlandticket: Erste Stadt steigt aus

Deutschlandticket: Erste Stadt steigt aus

Ticket gilt im Landkreis Stendal nicht mehr

"Wenn mehrere Kommunen so reagieren wie der Landkreis Stendal, dann wäre das auf jeden Fall der Tod des Deutschlandtickets", warnte am Mittwoch (13. Dezember) Detlef Neuß, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbands Pro Bahn, im MDR-Fernsehen.

Hintergrund: Der Stendaler Kreistag hatte in der vergangenen Woche einen Beschluss zur Anerkennung des Deutschlandtickets im Kreis nicht genehmigt. Damit gilt das Ticket in den Bussen dort ab dem 1. Januar nicht mehr. Der Landkreis hatte für die ersten vier Monate des Jahres mit zusätzlichen Kosten von 40.000 Euro gerechnet. Züge sind von der Entscheidung nicht betroffen. Das Infrastrukturministerium in Magdeburg sprach von einem Einzelfall.

Dirk Flege, Geschäftsführer des Verbands Allianz Pro Schiene, ist alarmiert: "Wir müssen unbedingt einen Domino-Effekt verhindern. Wir dürfen nicht darauf warten, dass jetzt Landkreis um Landkreis diese Debatte führt und schlimmstenfalls aus dem Deutschlandticket aussteigt." Bund und Länder müssten auch über den Sommer 2024 hinaus Finanzierungssicherheit für die Mehrkosten schaffen.

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Bund und Länder: Ja zum Deutschlandticket, Finanzierung aber ungewiss

Bund und Länder sind sich zwar darüber einig, dass es das Deutschlandticket auch im kommenden Jahr geben soll, nicht aber darüber, wie mögliche Mehrkosten getragen werden. Laut einer Prognose des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) dürften die Verluste der Branche durch die Einführung des Deutschlandtickets dieses Jahr 2,3 Milliarden Euro betragen, nachdem das Ticket erst Anfang Mai eingeführt wurde. Im vollen Jahr 2024 dürften es 4,1 Milliarden Euro sein.

Bund und Länder haben bisher zugesagt, für 2023 und 2024 sechs Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen - es könnte also eine Lücke von 400 Millionen Euro entstehen. Die Verkehrsminister der Länder wurden Anfang November damit beauftragt, rechtzeitig vor dem 1. Mai 2024 ein Konzept für die weitere Finanzierung des Tickets vorzulegen. Mit zum Auftrag gehört dabei ein Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises, "der auch eine Erhöhung beinhalten kann".

Dass es nicht unbedingt bei den 49 Euro bleiben würde, war prinzipiell immer klar, der Wert wurde laut dpa als Einstiegspreis behandelt.

Expert:innen rechnen jedoch mit negativen Reaktionen der Verbraucher:innen auf eine Preiserhöhung. Schon ein leichter Preisanstieg könnte zu vielen Abo-Kündigungen führen, denn bereits der aktuelle Preis wird oftmals als zu hoch bewertet.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bei einer Preisverleihung.
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Volker Wissing fordert, dass die Länder das 49-Euro-Ticket günstig halten und besser bewerben. An eine Zukunft des Deutschlandtickets glaubt der Bundesverkehrsminister.

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Landkreistag: Länder müssen zu Deutschlandticket verpflichten

Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) geht davon aus, dass ein teureres Deutschlandticket die Akzeptanz bei den Verbraucher:innen gefährden und den Nahverkehr insgesamt schwächen würde. Statt die Nutzer:innen stärker zu belasten, müssten Bund und Länder ihrer Verantwortung für das Deutschlandticket gerecht werden und ihre Mittel erhöhen, so die Forderung von Marion Jungbluth, Mobilitäts-Expertin beim vzbv. Derzeit nutzen etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland das Ticket.

Inwieweit das Beispiel aus Stendal Nachahmer finden wird, ist offen. Durch eine Anordnung des jeweiligen Bundeslandes oder die Mitgliedschaft in einem Verkehrsverbund dürften viele Kommunen und Verkehrsunternehmen bereits an das Deutschlandticket gebunden sein.

Das gilt aber offenbar nicht für alle Regionen. Der Deutsche Landkreistag forderte am Dienstag: "Die Länder müssen die Landkreise und Städte zur Anwendung des Deutschlandtickets verpflichten und damit auch die Finanzierungsverantwortung übernehmen."

Ähnlich äußerte sich der VDV: Um das Ticket zu einem dauerhaften Erfolg zu machen, bedürfe es "auch der rechtlichen Absicherung des Tickets", so Verbandsgeschäftsführer Alexander Möller. Das sei "gemeinsame Aufgabe von Bund, Ländern und Kommunen".

  • Verwendete Quellen:
  • Nachrichtenagentur dpa
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