Großer Haushaltsposten
Fast 47 Milliarden Euro: Bürgergeld-Kosten 2024 gestiegen
- Aktualisiert: 03.08.2025
- 08:28 Uhr
- dpa
Ein höherer Regelsatz, gestiegene Mieten und viele Geflüchtete sorgten für Rekordkosten beim Bürgergeld im Jahr 2024. Die AfD fordert nun härtere Einschränkungen.
Für Menschen im Bürgergeld hat der Staat 2024 rund 46,9 Milliarden Euro an Hilfen gezahlt - rund vier Milliarden Euro mehr als ein Jahr zuvor. Dies geht aus der Antwort des Bundessozialministeriums auf eine kleine Anfrage der AfD im Bundestag hervor.
Demnach flossen etwa 24,7 Milliarden Euro oder 52,6 Prozent der Gesamtsumme an Deutsche, 22,2 Milliarden Euro an Menschen ohne deutschen Pass (47,4 Prozent). Diese Aufteilung ist ähnlich wie im Vorjahr.
Hunderttausende geflüchtete Ukrainer bezogen 2024 Bürgergeld
In der Gruppe ausländischer Bezieher:innen sind mehrere Hunderttausend vor dem russischen Angriffskrieg geflüchtete Ukrainer:innen und deren Kinder.
An sie flossen insgesamt rund 6,3 Milliarden Euro. An Menschen aus den acht wichtigsten Asylländern wurden 7,4 Milliarden Euro ausgezahlt, wie aus den Zahlen des Ministeriums hervorgeht.
Der AfD-Abgeordnete René Springer beklagte jedoch: "Die Ausgaben beim Bürgergeld schießen weiterhin unkontrolliert in die Höhe." Für die AfD sei das Bürgergeld in erster Linie eine Leistung für deutsche Bürger:innen. "Ausländern ist der Zugang zum Bürgergeld grundsätzlich zu verwehren", forderte Springer. Nur Ausnahmen will die AfD zulassen.
Zunahme der Zahlungen auch durch Inflation
Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg widerspricht jedoch in beiden Punkten. Der jüngste Anstieg der Gesamtsumme erkläre sich unter anderem mit einer deutlichen Erhöhung der Regelsätze 2023 und 2024 als Inflationsausgleich. In diesem Jahr folgte eine Nullrunde, dies wird auch für 2026 erwartet.
"Das ist also kein Trend, der absehbar so weiter gehen wird", sagte Weber der Deutschen Presse-Agentur. Die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gehe zudem seit Herbst 2024 zurück. "Das ist eine Trendwende", sagte der Wissenschaftler.
Auch die zu dreiviertel vom Bund gezahlten Kosten für Unterkunft und Heizung sind mit den Mieten vielerorts in die Höhe geschossen.
Experte: Bürgergeld als "Fitmacher" begreifen
Dass fast die Hälfte der Bürgergeldbezieher:innen aus dem Ausland stammen, nennt Weber plausibel. Menschen, die schon in Deutschland beschäftigt waren, hätten bei Arbeitslosigkeit meist ein Jahr Anspruch auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung und fänden oft in der Zeit neue Beschäftigung.
Geflüchtete kämen hingegen unvorbereitet in den deutschen Arbeitsmarkt und starteten mit erheblichen Nachteilen.
Deshalb sei es wichtig, dass die Menschen im Bürgergeldbezug Hilfen für den Start in den Arbeitsmarkt bekämen, sagte Weber. Im System der Leistungen für Asylbewerber sei dies nicht der Fall. "Wir sollten die Grundsicherung nicht als Problem begreifen, sondern als Fitmacher", sagte Weber. "Wir müssen erst einmal investieren, um die Kosten runterzukriegen. Nichts ist so teuer wie strukturelle Arbeitslosigkeit."
Nach IAB-Ergebnissen bedeuten 100.000 Bezieher weniger rund drei Milliarden Euro mehr für die öffentlichen Haushalte. Unter ukrainischen Geflüchteten wächst die Beschäftigungsquote inzwischen - von 24,8 Prozent im Oktober 2023 auf zuletzt 33,2 Prozent.
Die Integration mit Sprachkursen und Qualifizierung sollte jedoch schneller gehen, sagte Weber. Auch der Bundesrechnungshof hatte zuletzt Defizite in der Vermittlung von Menschen im Bürgergeld moniert.
Deutscher Gewerkschaftsbund wirft AfD "Ausgrenzung und Hass" vor
Der Deutsche Gewerkschaftsbund wandte sich gegen die Forderungen der AfD und erinnerte daran, dass Deutschland Einwanderung brauche. "Statt sinnvoller Politik gibt es bei der AfD nur Ausgrenzung und Hass, egal ob es dabei um Migrantinnen und Migranten oder Menschen mit berechtigtem Anspruch auf Leistungen des Sozialstaats geht", sagte Vorstandsmitglied Anja Piel der dpa. "Jede und jeder hat bei uns ein Recht auf Absicherung der Existenz in der Not. Der soziale Fortschritt ist das Fundament unserer funktionierenden Demokratie."
Auch der Sozialverband Deutschland gab der AfD Kontra. Es sei nicht zielführend, gesellschaftlichen Gruppen gegeneinander auszuspielen - ob nun Erwerbstätige gegen Rentner:innen und Menschen im Bürgergeld oder Menschen mit und ohne deutschen Pass, erklärte SoVD-Vorstandschefin Michaela Engelmeier. "Das ist sogar brandgefährlich, denn es befeuert die Spaltung der Gesellschaft und dient als giftiger Nährboden für Neiddebatten, Hass und Hetze."