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Kurz vor WM-Start

FIFA-Präsident Infantino unterstellt Westen "Doppelmoral"

  • Veröffentlicht: 19.11.2022
  • 13:51 Uhr
  • Monika Schneider
FIFA-Präsident Gianni Infantino knüpft sich kurz vor WM-Start den Westen vor.
FIFA-Präsident Gianni Infantino knüpft sich kurz vor WM-Start den Westen vor.© Robert Michael/dpa

FIFA-Präsident Gianni will "diese WM feiern". Katar hat er offenbar nichts vorzuwerfen. Stattdessen knüpft er sich einen Tag vor dem WM-Start den Westen vor.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Schon vor der Weltmeisterschaft wurde viel diskutiert - über Menschenrechte, Arbeitsmigranten und die Freiheit für die LGBTQ-Community.

  • Einen Tag vor dem WM-Start äußerte sich FIFA-Präsident Gianni Infantino zu den strittigen Themen.

  • Er stellte sich auf die Seite von Gastgeber Katar und warf dem Westen eine "Doppelmoral" vor.

FIFA-Präsident Gianni Infantino hat am Tag vor dem Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft eine "Doppelmoral" aus westlicher Richtung gegen den WM-Gastgeber Katar kritisiert. Er verteidigte das Emirat gegen praktisch alle Vorwürfe auch unabhängiger Institutionen und pries Fortschritte an.  Zu guter Letzt flehte er: "Lasst uns bitte, bitte, diese WM feiern und hoffen, den Menschen auf der Welt zu einem Lächeln zu verhelfen." Dafür, so die Quintessenz, sei der Fußball letztendlich da.

Seine Pressekonferenz begonnen hatte Infantino mit: "Heute fühle ich sehr starke Gefühle, heute fühle ich mich als Katarer, heute fühle ich mich als Araber, heute fühle ich mich afrikanisch. Heute fühle ich mich homosexuell. Heute fühle ich mich behindert, heute fühle ich mich als Arbeitsmigrant." Dafür, dass er nicht angeführt hatte, sich als Frau zu fühlen, entschuldigte sich Infantino mit einer Geste und sagte: "Ich habe vier Töchter."

Infantino: "Eine WM ist kein Krieg"

Im Laufe seiner Rede nahm Infantino den vor ihm auf dem Podium gestellten Fußball in die Hand und bezeichnete diesen als "die einzige Waffe, die wir haben". Die Welt sei gespalten genug, eine WM ist eine WM, das ist kein Krieg", nahm Infantino Bezug auf Menschenrechte, Arbeitsmigranten und auf die die LGBTQI+-Community. "Wir müssen uns kritisch im Spiegel betrachten."

Katar war in den vergangenen Jahren insbesondere aus westlichen Nationen stark kritisiert worden. Infantino sprach diesbezüglich von einer "heuchlerischen" Art und Weise und erzählte seine eigene Geschichte als Sohn einer Gastarbeiterfamilie in der Schweiz. "Ich denke, was wir Europäer in den vergangenen 3.000 Jahren weltweit gemacht haben, da sollten wir uns die nächsten 3.000 Jahre entschuldigen, bevor wir anfangen, moralische Ratschläge an andere zu verteilen", sagte der 52-Jährige. Es sei "traurig", diese "Doppelmoral" erleben zu müssen.

Wie noch nie in den vergangenen Monaten stellte sich der Infantino an die Seite der Regierung des Landes, in dem er längst einen Nebenwohnsitz unterhält. "Wer kümmert sich um die Arbeiter? Wer? Die FIFA macht das, der Fußball macht das, die WM macht das - und, um gerecht zu sein, Katar macht es auch", sagte der FIFA-Präsident und erwähnte unter anderem ein geplantes Büro der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Doha.

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Kritik an westlichen Unternehmen

"Wie viele dieser westlichen Unternehmen, die hier Milliarden von Katar erhalten - wie viele von ihnen haben über die Rechte von Arbeitsmigranten gesprochen? Keiner von ihnen", verallgemeinerte Infantino. Die auch vom Deutschen Fußball-Bund geforderten Entschädigungsfonds für Arbeiter und deren Familien aus Südasien gebe es bereits, wenn auch in anderer, von Katar initiierter Form. Er sei "überzeugt", dass die WM helfen könne, Menschen "die Augen zu öffnen".

Infantino: "Jeder und jede, alle" zur WM willkommen

Homosexualität sei in Katar zwar verboten, aber das sei in europäischen Ländern auch lange so gewesen, argumentierte Infantino und verwies auf einen laufenden Entwicklungsprozess. Er habe die klare Zusicherung bekommen, dass "jeder und jede, alle" zur WM in Katar willkommen seien. Einer der lokalen WM-Botschafter hatte zuletzt in einer ZDF-Dokumentation Schwulsein als "geistigen Schaden" bezeichnet. Das sei nicht "die Haltung des Landes", sagte Infantino, ohne konkret auf die Äußerung einzugehen.

Ob die Kapitäne der WM-Teilnehmer eine Armbinde in den für die LGBTQ-Community symbolträchtigen Regenbogenfarben tragen dürften, darauf ging Infantino nicht näher ein. Die FIFA sei etwas "Universales, und wir müssen Themen finden, mit denen sich jeder identifizieren kann", sagte er. LGBT ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender.

Verwendete Quellen:

  • Nachrichtenagentur dpa
katar arbeiter
News

WM in Katar: Grüne fordern Entschädigungsfonds für Gastarbeiter

  • 13.10.2022
  • 17:14 Uhr

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