Unglück in den Alpen
Massiver Gletscherabbruch in der Schweiz - Angst vor Flutwelle
- Aktualisiert: 30.05.2025
- 09:27 Uhr
- dpa
Nach einem massiven Gletscherabbruch in der Schweiz wächst die Angst vor einer unkontrollierten Flutwelle. Ein aufgestauter See hinter einem instabilen Schuttkegel bedroht das Tal.
Das Wichtigste in Kürze
Durch den Gletscherabbruch wurde das Flussbett der Lonza blockiert, wodurch sich ein schnell wachsender Stausee gebildet hat.
Der Schuttkegel ist so instabil, dass weder Menschen noch Maschinen zur Gefahrenabwehr eingesetzt werden können.
Um vorbereitet zu sein, wurde ein tiefer gelegener Stausee bei Ferden vorsorglich geleert, doch ein "worst case"-Szenario mit unkontrollierbarer Flut bleibt möglich.
Nach einer nervenaufreibenden Nacht richten sich im Katastrophengebiet des Gletscherabbruchs in der Schweiz alle Augen auf den entstandenen Stausee hinter dem Schuttkegel. Dass sich die Wassermassen einen Weg ins Tal bahnen müssen, steht fest - aber ob das geordnet oder chaotisch abläuft, ist ungewiss.
Gigantische Fels-, Eis- und Geröllmengen haben seit dem Jahrhundert-Ereignis am Mittwoch (28. Mai) das Bett des Flüsschens Lonza blockiert. Das Wasser hat sich zu einem See gestaut. Der Wasserstand stieg zeitweise stündlich um drei Meter. Talbewohner:innen, Katastrophenhelfer:innen und die herbeigerufenen Armeeangehörigen mussten allerdings tatenlos zusehen, wie sich die Lage zuspitzt. Mit schwerem Gerät Furchen für einen geordneten Ablauf des Wassers in den Schuttpegel zu fräsen, ist keine Option.
Kein Eingreifen möglich
"Unternehmen können wir leider wenig, weil die Sicherheitslage vor Ort es nicht zulässt, dass wir mit schweren Maschinen eingreifen können", sagte Christian Studer von der Dienststelle Naturgefahren des Kantons Wallis im Schweizer Fernsehen. Es gebe mehrere Gefahrenquellen: Der Schuttberg ist instabil, weil er aus Felsbrocken, losem Schutt und Gletschereis besteht, das schon teils geschmolzen sein dürfte. Weder Menschen noch Maschinen wären darauf sicher.
Gleichzeitig drohen von beiden Seiten des Tals weitere Rutschungen: An der ursprünglichen Abbruchstelle am Kleinen Nebelhorn können immer noch mehrere Hunderttausend Kubikmeter Gestein abstürzen. Zudem wurden bei dem Gletscherabbruch Geröll und Schuttmassen über den Talboden hinweg und auf der gegenüberliegenden Hangseite hochgeschoben. Auch sie könnten als Gerölllawine wieder abrutschen.
Staubecken vorsichtshalber geleert
Die Behörden können sich zurzeit nur mit der Gefahrenbeurteilung und organisatorischen Maßnahmen befassen, sagte Studer. "Wir können sicherstellen, dass sich möglichst keine Personen in einem gefährdeten Gebiet aufhalten." Zudem wurde ein weiter unten bei Ferden an der Lonza gelegener Stausee vorsichtshalber geleert, um als Auffangbecken zu dienen.
Studer spricht aber auch das Schreckensszenario an, das zwar unwahrscheinlich, aber möglich ist: "Das 'worst case'-Szenario ist, dass plötzlich entgegen den aktuell als eher realistisch eingeschätzten Szenarien viel mehr Wasser und Geschiebe kommt, das das Staubecken Ferden nicht mehr zu schlucken vermag", sagte er. Einzelne Häuser entlang des Flussbettes wurden geräumt.