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Staatliche Akteure?

Sabotierte Nord-Stream-Pipelines: Was wir wissen - und was nicht

  • Veröffentlicht: 12.10.2022
  • 16:16 Uhr
  • glö
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© dpa

Explosionen reißen Löcher in die Gaspipelines Nord Stream 1 und 2. Der Verdacht schwerer Sabotage steht im Raum. Was inzwischen feststeht – und was nicht.

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An den beiden Röhren von Nord Stream 1 und einer Röhre von Nord Stream 2 in der Ostsee waren nach Explosionen Ende September schwere Beschädigungen entdeckt worden, die Bundesanwaltschaft hat inzwischen Ermittlungen eingeleitet. Das teilte ein Sprecher der obersten deutschen Anklagebehörde in Karlsruhe mit.

Es stehe der Verdacht "der vorsätzlichen Herbeiführung einer Sprengstoffexplosion" sowie der "verfassungsfeindlichen Sabotage" im Raum, wie es weiter hieß. Das Verfahren richte sich gegen Unbekannt, wer dahintersteckt, weiß man nicht. Aber was wissen wir bisher über die Vorkommnisse - und was ist noch Gegenstand der Untersuchungen?

Was wir wissen:

  • Es waren Detonationen.

Bisherigen Erkenntnissen zufolge hatten sich mindestens zwei Detonationen ereignet, die zu vier Lecks führten. Unter anderem die EU, die Nato sowie Sicherheitskreise hatten schon unmittelbar darauf von Sabotage als Ursache gesprochen.

Ein Experte für Unterwasserroboter verwies im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur auf die extrem hohen Sicherheitsstandards und die sehr robuste Bauweise der Leitungen. Aus seiner Sicht kommt nur eine bewusste Manipulation infrage.

  • Die Vorfälle haben keine Auswirkung auf die Gasversorgung.

Deutsche und dänische Behörden weisen darauf hin, dass die Vorfälle keine Auswirkung auf die Gasversorgung hätten, da die Leitungen zuletzt nicht für den Gasimport genutzt worden seien. Laut Bundesnetzagentur geht die Befüllung der Gasspeicher kontinuierlich weiter. "Die Ereignisse ändern die Versorgungssituation nicht", sagte ein Sprecher.

Derzeit erhält Deutschland Erdgas über Pipelines aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Die täglichen Gesamtfüllstandswerte nehmen seit dem 19. Juli kontinuierlich zu. Mittlerweile sind die deutschen Speicher fast zu 95 Prozent gefüllt. Wie aus Daten von Europas Gasinfrastruktur-Betreibern (GIE) im Internet am späten Dienstagabend (11. Oktober) hervorging, erhöhte sich der Füllstand binnen 24 Stunden um 0,23 Prozentpunkte auf 94,67 Prozent.

  • Es geht keine direkte Gefahr aus.

In Deutschland sieht das für die hiesigen Pipeline-Abschnitte zuständige Bergamt Stralsund zumindest keine unmittelbare Gefahr einer Verschlimmerung der Lage: "Eine weitere Schadensausbreitung dürfte aus technischer Sicht - nach gegenwärtigem Stand - unwahrscheinlich sein", teilte die Behörde bereits kurz nach Bekanntwerden der Lecks mit. Der Druck in den Leitungen habe sich entsprechend der Wassertiefe auf einem niedrigen Niveau eingestellt.

Auch für die Umwelt wird der Schaden als lokal begrenzt eingeschätzt. "Dort entsteht für die Tiere allerdings die Gefahr, zu ersticken. Das betrifft besonders die Tiere, die nicht schnell flüchten können", sagte Nadja Ziebarth, Leiterin des BUND-Meeresschutzbüros. Wie schon die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sieht auch der BUND eher eine Klimagefahr durch entweichendes Methan.

  • Deshalb war überhaupt Gas in Nord Stream 2.

Zwar wurde die Pipeline wegen einer fehlenden Zertifizierung nie für den Transport von Erdgas genutzt, dennoch wurden beide Röhren nach der Fertigstellung mit Gas befüllt, da dies für den angestrebten Betrieb notwendig ist. Dem Betreiber zufolge hat dieser Prozess Wochen in Anspruch genommen.

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Was wir nicht wissen:

  • Wie es zu dem Sabotageakt gekommen ist.

Unter anderem die Europäische Union (EU), die Nato sowie Sicherheitskreise hatten schon unmittelbar nach Bekanntwerden von Sabotage als Ursache für die Explosionen gesprochen. Der Verdacht hat sich nach Erkenntnissen der schwedischen Staatsanwaltschaft inzwischen erhärtet. Allerdings weiß man bislang immer noch nicht, wie es zu den Explosionen gekommen ist. Am Tatort waren Teile beschlagnahmt worden, die untersucht würden, hatte es Anfang Oktober geheißen.

Experten gehen davon aus, dass für die beobachteten und von Sensoren registrierten Explosionen insgesamt mehrere Hundert Kilogramm Sprengstoff verwendet wurden. Ob der Sprengstoff in einer Art Kommando-Operation erst in den letzten Wochen angebracht wurden, ist nicht klar. Genauso könnten Sprengsätze schon vor längerer Zeit angebracht worden sein - vor Monaten oder gar Jahren.

  • Wer verantwortlich ist.

Laut Bundeskriminalamt steht fest, dass durch die Herausforderung, in 70 bis 80 Metern Wassertiefe eine Sprengstoffexplosion herbeizuführen, nur staatliche Akteure in Betracht kommen. Klar, dass der Fingerzeig vieler Experten und Politiker schnell in Richtung Russland geht.

So vermutete auch der Sicherheitsexperte Johannes Peters den Kreml hinter der Tat. "Das wirkt vordergründig natürlich etwas widersinnig, die eigenen Pipelines zu zerstören", sagte der Experte vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel im ARD-"Morgenmagazin". Es gebe aber gute Gründe. Ein Grund sei sicherlich, ein "starkes Signal" an Europa zu senden, vor allem an Deutschland und Polen, dass man dasselbe auch mit Pipelines machen könnte, die für unsere Versorgungssicherheit deutlich wichtiger seien.

Ein weiterer möglicher Grund für einen möglichen russischen Sabotageakt sei, dass man im Winter "die noch intakte Nord-Stream-2-Röhre dazu nutzen kann, um Druck auf Deutschland zu erhöhen, wenn beispielsweise der innenpolitische Druck auf die Regierung wachsen sollte, weil die Gaspreise hoch sind, weil wir vielleicht doch nicht genügend Gas haben für den Winter."

Wladimir Putin selbst wies die Spekulationen als "dumm" zurück, vermutete aber gleichzeitig ebenso einen Staat hinter der Tat und sprach von einem Terrorakt. Das teilte sein Sprecher Dmitri Peskow nach Berichten russischer Nachrichtenagenturen mit. Der russische Präsident bezeichnete die USA als mutmaßliche Profiteure der Sabotage. Zuvor hatte er den Westen für die Lecks verantwortlich gemacht.

  • Wie es weitergeht.

Die Nato verstärkt als Reaktion auf die mutmaßlichen Sabotageakte gegen die Erdgasleitungen Nord Stream 1 und Nord Stream 2 den Schutz kritischer Infrastruktur. "Wir haben unsere Präsenz in der Nord- und Ostsee auf mehr als 30 Schiffe verdoppelt", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg bei einer Pressekonferenz in Brüssel. Diese würden von Seeaufklärungsflugzeugen und Unterwasser-Fähigkeiten unterstützt.

Zudem haben Bündnispartner nach Angaben von Stoltenberg die Sicherheitsmaßnahmen rund um Einrichtungen erhöht und den Austausch von Geheimdienstinformationen verstärkt. Weitere Schritte seien in Planung. Nach den Worten Stoltenbergs ist auch nicht ausgeschlossen, dass in Folge eines solchen weitgehenden Angriffs der Nato-Bündnisfall ausgerufen wird. Zu kritischer Infrastruktur zählte der Nato-Generalsekretär neben Pipelines auch Unterwasserkabel und das Stromleitungsnetz.

Verwendete Quellen:

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