Flickenteppich
Beim Nichtraucherschutz herrscht in Deutschland das Durcheinander
- Veröffentlicht: 07.07.2025
- 13:25 Uhr
- Michael Reimers
Seit Frankreich das Rauchverbot im Freien deutlich verschärft hat, fällt auf, wie uneinheitlich die deutschen Bundesländer den Nichtraucher-Schutz handhaben.
Nicht nur der Bund, auch die einzelnen Bundesländer haben Nichtraucherschutz-Gesetze erlassen. Deutschlandweit gilt seit 2007 das Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens, das Rauchverbote in öffentlichen Verkehrsmitteln und Einrichtungen des Bundes beinhaltet. Eine Änderung erweiterte das Gesetz 2024 um Cannabis und E-Zigaretten. Wie "tagesschau.de" unter Berufung auf die Website des Vereins Pro Rauchfrei meldet, regeln in allen 16 Bundesländern zusätzlich weitere Gesetze den Nichtraucherschutz, die sich zum Teil stark unterscheiden.
So sei es in Bremen nach wie vor möglich, dass in kleineren Kneipen und Cafés geraucht werden dürfe, weil die Betreiber:innen selbst darüber entscheiden dürfen. Hingegen gelten in Bayern besonders strenge Auflagen. Im Freistaat herrscht in allen öffentlichen Gaststätten, Diskotheken und Festzelten Rauchverbot.
Nichtraucher-Lobby fordert Gesundheitsschutz für alle
"Die Nichtraucherschutzgesetze sind uneinheitlich und oft voller Ausnahmen", zitiert der Bericht Stephan Weinberger vom Verein Pro Rauchfrei. Ausnahmeregelungen würden die Durchsetzung der Verbote erschweren und sorgten bei Nichtraucher:innen oftmals für Unsicherheit. Der Gesundheitsschutz müsse für alle gleichermaßen gelten, fordert Weinberger.
Nach Angaben des Gaststättenverbands Dehoga haben sich die Rauchverbote mit Ausnahmen für Nebenräume oder Eckkneipen, wie sie in einigen Bundesländern gelten, bewährt. Damit würde dem Jugend- und Nichtraucherschutz Rechnung getragen. "Gesetzlicher Handlungsbedarf besteht nicht", hießt es vonseiten der Dehoga.
Bundesweites Verbot von Tabakwerbung, aber nicht von Tabak
Einheitlich geregelt ist dem Bericht zufolge in Deutschland, dass Tabakwerbung bundesweit einheitlich verboten ist: sowohl im Hörfunk, Fernsehen und Internet als auch in Printmedien mit Ausnahme von Fachzeitschriften. 2020 verschärfte der Bundestag diese Regelung, die seither auch Außenwerbung für Tabak und E-Zigaretten inklusive nikotinfreier E-Zigaretten (Vapes) verbietet. Lediglich in Schaufenstern der Geschäfte, die diese Produkte verkaufen, darf für Tabakprodukte geworden werden.
Kritik daran, dass insgesamt Deutschland zu schleppend gegen Tabakkonsum vorgeht, kam dem Bericht zufolge bereits von der Weltgesundheitsorganisation WHO. Beim Nichtraucherschutz hinke Deutschland im internationalen Vergleich seit Jahrzehnten hinterher, bestätigt im Interview auch der Arzt und Aktivist Roland Guttenberger. Er führt das auf einen größeren Einfluss der Tabaklobby zurück, vermutet aber auch aufseiten der Politik eine gewisse Furcht vor strengen Verboten.
Sonderfall Bayern: Bevölkerung sorgte für Rauchverbot
"Selbstverständlich haben Politiker oft Sorge, mit ihrer Arbeit anzuecken", verweist Guttenberger auf das bayerische Nichtraucherschutzgesetz. Nachdem 2008 die bundesweiten Rauchverbote in Kraft getreten waren, hatte bei der darauffolgenden Landtagswahl die regierende CSU erstmals seit 1962 ihre absolute Mehrheit verloren. Einige Parteivertreter:innen machten anschließend das Rauchverbot für die Wahlschlappe verantwortlich.
Mit dem neuen Koalitionspartner FDP lockerte die CSU die Regelungen dann im Jahre 2009 wieder. Mit einem Volksentscheid im Folgejahr sorgten Vereine und Oppositionsparteien jedoch für eine erneute Verschärfung. Damals stimmten knapp 61 Prozent für ein absolutes Rauchverbot in Gaststätten. Guttenberger deutet das als ein klares Zeichen, dass die Zeit für Rauchverbote gekommen war.
- Verwendete Quellen:
- pro-rauchfrei.de: "Überblick über Nichtraucherschutz Gesetze in den einzelnen Bundesländern"
- tageschau.de: "Deutscher Flickenteppich beim Nichtraucherschutz"
- WHO-Website: "Tobacco control efforts protect 6.1 billion people – WHO’s new report"