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Debatte um Schulreform

Grüne in Bayern fordern Abschaffung des Sitzenbleibens

  • Veröffentlicht: 21.08.2025
  • 12:28 Uhr
  • Claudia Scheele
In Bayern wurde die Debatte um das Sitzenbleiben in der Schule erneut eröffnet.
In Bayern wurde die Debatte um das Sitzenbleiben in der Schule erneut eröffnet.© Julian Stratenschulte/dpa

Die Grünen in Bayern fordern, das Sitzenbleiben an Schulen abzuschaffen. Sie argumentieren, dass es pädagogisch wenig bringe und hohe Kosten verursache. Kritiker:innen warnen jedoch vor einer Abwertung der schulischen Leistungskultur.

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Inhalt

  • Streit um das Sitzenbleiben: Grüne fordern Reform
  • Pädagogische Alternativen
  • Hohe Kosten und geringe Effektivität

Die bayerischen Grünen sorgen mit einem neuen Vorschlag für Diskussionen im Bildungsbereich: Sie wollen das Sitzenbleiben an Schulen abschaffen. Gabriele Triebel, bildungspolitische Sprecherin der Grünen im bayerischen Landtag, erklärte gegenüber der "Augsburger Allgemeinen": "Wissenschaftlich ist längst bewiesen, dass Sitzenbleiben nichts bringt." Statt Schüler:innen durch eine Wiederholung des Schuljahres zu "bestrafen", fordern die Grünen ein System individueller Förderung, das auf die Bedürfnisse der Lernenden eingeht.

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Laut einer Studie verursacht das Sitzenbleiben bundesweit jährliche Kosten von rund 1 Milliarde Euro. Allein in Bayern liegt die Summe bei etwa 200 Millionen Euro pro Jahr. Die Grünen argumentieren, dass dieses Geld besser in gezielte Fördermaßnahmen investiert werden könnte, um Schüler:innen individuell zu unterstützen und Lernlücken frühzeitig zu schließen.

Streit um das Sitzenbleiben: Grüne fordern Reform

Der Vorstoß der Grünen stößt jedoch nicht nur auf Zustimmung. Kritiker:innen befürchten, dass die Abschaffung des Sitzenbleibens die Leistungskultur an Schulen untergraben könnte. Stefan Düll, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, verteidigte die Praxis des Sitzenbleibens: "Der DL steht zum Leistungsprinzip. Dazu gehört, dass bei einem nicht mehr ausreichenden Notenbild das Jahrgangsstufenziel nicht erreicht ist." Düll betonte, dass das Wiederholen eines Schuljahres für manche Schüler:innen eine Chance sei, Lerninhalte zu festigen und sich neu zu orientieren.

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Andere Lehrerverbände gaben ähnliche Bedenken preis. "Das Sitzenbleiben hat durchaus einen disziplinierenden Effekt und motiviert Schüler:innen, sich mehr anzustrengen", sagte ein Sprecher des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). Gleichzeitig räumte er ein, dass die Praxis nur dann sinnvoll sei, wenn sie von individuellen Fördermaßnahmen begleitet werde.

Auch das bayerische Kultusministerium sieht keinen Bedarf für Änderungen. Es argumentiert: "In begründeten Fällen jedoch ist aus Sicht des Kultusministeriums das Wiederholen einer Jahrgangsstufe eine sinnvolle Maßnahme, die an den Schulen ergriffen wird, um Schülerinnen und Schülern eine erfolgreiche Fortsetzung ihrer Schullaufbahn zu ermöglichen."

Pädagogische Alternativen

Die Grünen schlagen vor, das Geld für das Sitzenbleiben in alternative Fördermaßnahmen zu investieren. Dazu gehören unter anderem Lerncoaching (eine individuelle Betreuung durch speziell geschulte Pädagog:innen), Sommerkurse (Intensivkurse in den Sommerferien, um Defizite auszugleichen) und Team-Teaching (Unterstützung durch zusätzliche Lehrkräfte im Unterricht).

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Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern wie Hamburg zeigen, dass das Sitzenbleiben auch ohne Leistungseinbußen abgeschafft werden kann. Dort wird seit Jahren auf individuelle Förderung statt Wiederholung gesetzt – mit positiven Rückmeldungen von Eltern und Schüler:innen. Über den Erfolg berichtet Dr. Britta Pohlmann vom Institut für Bildungsmonitoring und Qualitätsentwicklung in einem Interview: "Bei der Lernförderung können wir feststellen, dass 56 Prozent – in manchen Fächern wie Englisch ist es sogar noch mehr – nach einem Jahr ihre Note so deutlich verbessern, dass sie die Förderung verlassen können."

Hohe Kosten und geringe Effektivität

Laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung kostet das Sitzenbleiben deutschlandweit etwa 1 Milliarde Euro jährlich – ohne dass es nachweislich zu besseren Lernergebnissen führt. Kritiker:innen argumentieren, dass die Maßnahme oft nur kurzfristig hilft und Schüler:innen langfristig demotiviert. "Das Sitzenbleiben ist keine Lösung für strukturelle Probleme im Bildungssystem", so ein Sprecher der Bertelsmann-Stiftung.

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  • Verwendete Quellen:
  • Bild: "Grüne wollen "Sitzenbleiben" abschaffen"
  • hamburg.de: "Sitzenbleiben: In Hamburg schon lange abgeschafft – mit Ausnahmen"
  • Campus Schulmanagement: "Fördern statt Wiederholen – wie Hamburg das Sitzenbleiben erfolgreich abgeschafft hat"
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