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Drohnen-Abschuss

Newsticker: Polen beantragt NATO-Beratungen - russischer Diplomat dementiert Vorwürfe

  • Aktualisiert: 10.09.2025
  • 12:59 Uhr
  • Christopher Schmitt
Im ostpolnischen Ort Wyrki zerstörte eine abgeschossene Drohne ein Hausdach.
Im ostpolnischen Ort Wyrki zerstörte eine abgeschossene Drohne ein Hausdach.© Wojtek Jargilo/PAP/dpa

Die polnische Luftwaffe hat russische Drohnen im eigenen Luftraum abgeschossen. Nun beruft sich Polen auf Artikel 4 des NATO-Vertrags - Beratungen des Bündnisses sollen folgen. Alle Entwicklungen und Reaktionen im Newsticker.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Nach dem Abschuss russischer Drohnen im eigenen Luftraum hat Polens Ministerpräsident Tusk NATO-Konsultationen nach Artikel 4 beantragt.

  • Zahlreiche Regierungschefs von NATO-Ländern haben Polen nach dem Vorfall Solidarität zugesichert.

  • Polens Luftwaffe hatte mehrere Drohnen vom Himmel geholt, die während russischer Angriffe auf die Ukraine in den polnischen Luftraum eingedrungen waren.

Polen hat erstmals als Reaktion auf eine schwere Verletzung des Nato-Luftraums russische Drohnen abgeschossen. Die unbemannten Systeme waren während massiver russischer Angriffe auf die Ukraine in den polnischen Luftraum eingedrungen. Ministerpräsident Donald Tusk beantragte nach dem Vorfall NATO-Konsultationen nach Artikel 4. Dieser sieht Beratungen mit den Verbündeten vor, wenn sich ein NATO-Staat von außen bedroht sieht.

Nach EU-Angaben gibt es Anzeichen dafür, dass Moskau vorsätzlich vorgegangen ist. Der Vorfall markiert im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg eine Eskalation zwischen der NATO und Russland. Ein direktes militärisches Vorgehen der Allianz gegen Russland gilt aufgrund der damit verbundenen Gefahr eines noch größeres Krieges derzeit allerdings als absolut unwahrscheinlich.

"Dies ist der erste Fall, in dem russische Drohnen über dem Gebiet eines Nato-Staates abgeschossen wurden, weshalb alle unsere Verbündeten die Situation sehr ernst nehmen", sagte Tusk nach einer Krisensitzung der Regierung. Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz sprach von einer sehr schweren Provokation.

Polen schießt russische Drohnen ab

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Newsticker zum Drohnen-Vorfall in Polen

 

London verurteilt russische Drohnen in Polens Luftraum

Der britische Premierminister Keir Starmer 'hat das Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum als "ungeheuerlich und beispiellos" kritisiert. "Das war ein extrem rücksichtsloser Schritt von Russland und ist eine Erinnerung daran, wie offenkundig Präsident Putin den Frieden missachtet (...)", sagte der Labour-Politiker einer Mitteilung zufolge.

Er habe Polens Ministerpräsident Donald Tusk die Unterstützung Großbritanniens zugesichert, so Starmer weiter. Man werde gemeinsam mit den Verbündeten den Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin erhöhen.

Der britische Verteidigungsminister John Healey sprach von einem "neuen Level der Feindseligkeit" aus Moskau. Die Verteidigungsminister der E5-Gruppe (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und Polen) treffen sich heute in London zu Gesprächen. Dabei solle es auch um Unterstützung für Warschau gehen, so Healey laut einer Mitteilung. Der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz sei aber bereits früh am Morgen nach Polen zurückgekehrt. Auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius wolle sich bei dem Treffen vertreten lassen.

 

Polnisches Innenministerium: bisher sieben Drohnen gefunden

In Polen sind nach Angaben des Innenministeriums bisher sieben Drohnen oder Trümmerteile von Drohnen nach dem nächtlichen Eindringen russischer unbemannter Flugobjekte in den polnischen Luftraum gefunden worden. Fünf Drohnen seien in der ostpolnischen Wojwodschaft Lublin gefunden worden, sagte eine Sprecherin. Eine Drohne sei über der Wojwodschaft Lodz in Zentralpolen abgestürzt, eine weitere über der nordöstlichen Wojwodschaft Masuren-Ermland. Außerdem seien Trümmer eines Geschosses unbekannter Herkunft gefunden worden.

Nach Angaben des Ministeriums handelt es sich um vorläufige Angaben – Polizei und Militär suchten weiterhin nach Drohnen beziehungsweise Drohnenteilen.

 

Von der Leyen kündigt Drohnen-Allianz mit Ukraine an

EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat eine Allianz mit der Ukraine zur Produktion von Drohnen angekündigt. Für das Projekt werde Europa sechs Milliarden Euro bereitstellen, sagte die deutsche Politikerin in einer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Das Geld solle aus einem Darlehen kommen, das über Zinserträge aus der Verwahrung von eingefrorenen russischen Vermögen zurückgezahlt wird.

Von der Leyen äußerte sich in Straßburg auch zur Ukraine.
Von der Leyen äußerte sich in Straßburg auch zur Ukraine.© REUTERS

Zum Hintergrund der Initiative sagte von der Leyen, man wolle mit der Stärke der europäischen Industrie dazu beitragen, den ukrainischen Erfindergeist im Bereich der Drohnentechnologie zum Vorteil in den Kampfgebieten werden zu lassen. Bereits heute gingen mehr als zwei Drittel der Verluste an russischer Ausrüstung auf das Konto von Drohnen, die die Ukraine einsetze. Russland hole allerdings durch den Vorteil industrieller Massenproduktion schnell auf - unterstützt von im Iran entwickelten Shahed-Drohnen.

Zu Details der geplanten Drohnen-Allianz äußerte sich von der Leyen zunächst nicht. Vor allem die aktuelle dänische EU-Ratspräsidentschaft treibt allerdings schon seit mehreren Monaten eine Initiative für die Produktion ukrainischer Rüstungsgüter in der Europäischen Union voran.

Eine Produktion etwa in Dänemark würde es ukrainischen Unternehmen unter anderem ermöglichen, die Herstellung deutlich sicherer vor russischen Angriffen zu machen. Sollte Russland Standorte in Dänemark angreifen, würde Moskau nämlich das Risiko eines Gegenschlags der NATO eingehen.

 

Russischer Diplomat dementiert Vorwürfe

Ein russischer Diplomat hat den Vorwurf einer Luftraumverletzung Polens durch Drohnen seines Landes zurückgewiesen. "Wir halten die Vorwürfe für haltlos. Es wurden keine Beweise vorgelegt, dass diese Drohnen russischen Ursprungs sind", sagte Andrej Ordasch, der Geschäftsträger der Botschaft Russlands in Warschau, der staatlichen Nachrichtenagentur Ria Nowosti zufolge. Er verwies darauf, dass ein ähnlicher Vorwurf in der Vergangenheit sich am Ende als falsch herausgestellt habe.

Russland sei absolut nicht an einer Eskalation der Beziehungen zu Polen interessiert, sagte der Diplomat. Leider werde dies aufgrund der "russenfeindlichen Stimmung" von der polnischen Regierung ignoriert, fügte er hinzu.

Der Vorfall, auf den sich Ordasch mit seiner Aussage über einen früher fälschlich erhobenen Vorwurf bezieht, liegt knapp drei Jahre zurück. Ende 2022 kamen in Polen nahe der Grenze zur Ukraine zwei Menschen durch den Einschlag einer Rakete ums Leben. Russland hatte zu der Zeit einen großen Luftangriff auf den Westen der Ukraine gestartet. Soweit bisher bekannt, war das in Polen abgestürzte Flugobjekt damals eine verirrte ukrainische Flugabwehrrakete.

 

Tusk: Stundenlange Verletzung des Luftraums

Der polnische Regierungschef Donald Tusk hat im polnischen Parlament von mindestens 19 Verletzungen des polnischen Luftraums gesprochen. Nachdem am Dienstagabend um 22:06 Uhr erste Informationen über einen massiven russischen Luftangriff mit Drohnen und Raketen auf die Ukraine eingegangen seien, sei unter anderem das Awacs-System der NATO in Bereitschaft versetzt worden. Awacs steht für "Airborne Early Warning and Control System" (Luftgestütztes Frühwarn- und Kontrollsystem).

Gegen 23:30 Uhr sei es zur ersten Verletzung des polnischen Luftraums gekommen, sagte Tusk vor den Abgeordneten des polnischen Sejm. Diese Verletzungen des Luftraums hätten bis etwa 6:30 Uhr am Mittwochmorgen angedauert.

Donald Tusk äußerte sich vor dem polnischen Parlament zur Lage der Dinge.
Donald Tusk äußerte sich vor dem polnischen Parlament zur Lage der Dinge.© Czarek Sokolowski/AP/dpa

Der Abschuss von drei Drohnen sei bestätigt, möglicherweise sei auch eine vierte getroffen worden, sagte Tusk. Der Vorfall lasse sich nicht mit vorangegangenen Drohnen im polnischen Luftraum vergleichen: "Dies ist das erste Mal in diesem Krieg, dass sie nicht aufgrund von Fehlern oder kleineren russischen Provokationen aus der Ukraine kamen. Zum ersten Mal kam ein erheblicher Teil der Drohnen direkt aus Belarus", sagte Tusk.

 

Polen beantragt NATO-Konsultationen

Nach dem Abschuss von mehreren Drohnen hat Polen Konsultationen nach Artikel 4 des NATO-Vertrags beantragt. Das sagte Regierungschef Donald Tusk in Warschau. Der Artikel sieht Beratungen mit den Verbündeten vor, wenn sich ein NATO-Staat von außen gefährdet sieht.

 

Russland für Litauens Präsident immer größere Bedrohung

Das Eindringen von mehr als einem Dutzend Drohnen in den Luftraum von Polen zeigt nach Angaben von Litauens Präsident Gitanas Nauseda, dass Russland eine immer größere Bedrohung für Europa darstellt. "Russland weitet seine Aggression bewusst aus", schrieb das Staatsoberhaupt des baltischen EU- und NATO-Landes auf dem Kurznachrichtendienst X. "Der Drohnenschwarm über polnischem Territorium ist ein weiterer Beweis, ebenso wie die Drohgebärden gegenüber der Ostflanke der NATO."

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Auch Außenminister Kestutis Budrys betonte: "Russlands wiederholte rücksichtslose Verletzungen des NATO-Luftraums stellen eine direkte Bedrohung für die Sicherheit der Bevölkerung und kritischer Infrastrukturen dar." Die NATO dürfte darauf nicht nur mit Bedenken reagieren, sondern mit Fähigkeiten. "Die Luftverteidigung entlang der Frontlinie der NATO muss unverzüglich verstärkt werden", forderte er auf X.

Litauen ist zudem ebenso wie Polen und die beiden anderen Baltenstaaten Estland und Lettland wegen einer Militärübung im benachbarten Belarus in Alarmbereitschaft. Dort beginnt Ende der Woche das Manöver "Sapad-2025" (Westen-2025), bei dem Soldaten aus Russland und Belarus gemeinsam trainieren sollen. Parallel dazu üben auch in Litauen Verbündete aus mehreren NATO-Ländern.

 

Hilfe aus den Niederlanden bei Sichtung

Nach dem Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum wurde die polnische Luftwaffe auch von niederländischen Pilot:innen unterstützt. Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz dankte den Offizier:innen und Pilot:innen für ihren Einsatz. Die Einsatzleitung des Militärs sprach in einer Mitteilung davon, dass niederländische Kampfflugzeuge von Typ F-35 bei der Sicherung des polnischen Luftraums geholfen hätten. Weitere Details gab es nicht. Der Dank gelte auch dem Alliierten Luftkommando (Aircom) der NATO, hieß es.

Der amtierende niederländische Ministerpräsident Dick Schoof bestätigte den Einsatz und sicherte Polen weitere Unterstützung zu. "Gut, dass niederländische F35-Kampfjets Unterstützung leisten konnten", schrieb Schoof auf X. Die Niederlande hatten bereits zuvor die F-35 nach Polen geschickt, zur Unterstützung bei der Sicherung des Nato-Luftraums.

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CDU-Abgeordneter für harte Antwort

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat nach den Verletzungen des Luftraums über Polen "Konsequenz und Härte" gefordert. "Russische Drohnen fliegen nach Polen und Moldau. Solidaritätsbekundungen sind fehlplatziert", schrieb Kiesewetter auf dem Kurznachrichtendienst X. Er forderte, die Ukraine nun militärisch massiv zu unterstützen und den deutschen Marschflugkörper Taurus an das von Russland angegriffene Land zu liefern, damit die Ukraine militärisch relevante Ziele in Russland angreifen kann.

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"Gesülze von Friedensverhandlungen muss aufhören", schrieb Kiesewetter. Frieden und Freiheit in Selbstbestimmung würden "von Russland ausgetestet und sind massiv in Gefahr".

 

Macron: Eindringen russischer Drohnen inakzeptabel

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat das Eindringen von mehr als einem Dutzend russischer Drohnen in den polnischen Luftraum verurteilt. Dies sei schlicht inakzeptabel, schrieb Macron auf X. "Ich rufe Russland dazu auf, diese Flucht nach vorn zu beenden." Macron sprach der polnischen Bevölkerung und ihrer Regierung seine Solidarität aus.

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Tschechien sichert Polen Solidarität zu

Der tschechische Regierungschef Petr Fiala hat seine Solidarität mit dem Nachbarland und Nato-Partner bekundet. Der russische Präsident Wladimir Putin bedrohe ganz Europa und teste systematisch, wie weit er gehen könne, kritisierte der liberalkonservative Politiker bei X.

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Fiala betonte: "Wir stehen hinter Polen, denn die Polen sind unsere Verbündeten an der Frontlinie." Der nächtliche Drohnenangriff sei ein Test der Verteidigungsfähigkeit des NATO-Bündnisses gewesen. "Es ist schwer zu glauben, dass dies nur ein reiner Zufall war", mahnte Fiala.

Prag fordert "härteste Sanktionen" gegen Russland

Der tschechische Außenminister Jan Lipavsky forderte konkrete Konsequenzen. Die NATO müsse unverzüglich ihre Luftverteidigungsfähigkeiten an der Ostflanke verstärken. "Putin wird nicht aufhören, solange wir ihn nicht Hand in Hand stoppen - mit den härtesten Sanktionen", teilte der Chefdiplomat mit.

Tschechien ist ebenso wie Polen seit 1999 Nato-Mitglied. Die Regierung in Prag gilt als engagierter Unterstützer der Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland. Sie steht federführend hinter einer Munitionsinitiative, die in diesem Jahr nach früheren Angaben Fialas bereits mehr als 1,1 Millionen Schuss großkalibriger Munition an Kiew geliefert hat.

 

Polens Verteidigungsminister: "schwere Provokation"

Der polnische Verteidigungsminister Wladyslaw Kosiniak-Kamysz hat das Eindringen von mehr als einem Dutzend russischen Drohnen in den polnischen Luftraum als sehr schwere Provokation bezeichnet. Er sei in ständigem Kontakt mit seinen Amtskollegen in den Bündnisstaaten, sagte er am Morgen vor Journalist:innen. "Wir haben die Situation unter Kontrolle", versicherte er.

Innenminister Tomasz Siemoniak rief die Bevölkerung auf, Ruhe zu bewahren und die Mitteilungen der Behörden aufmerksam zu verfolgen. Gleichzeitig warnte er davor, sich von Emotionen, Manipulation und Desinformation überwältigen zu lassen. Auch Regierungschef Donald Tusk hatte in seiner Stellungnahme nach einer Krisensitzung vor russischer Desinformation in sozialen Medien gewarnt.

 

Kallas: Hinweise auf gezielte Luftraumverletzung in Polen

Nach dem Eindringen russischer Drohnen in den polnischen Luftraum gibt es nach EU-Angaben Anzeichen für ein planmäßiges Vorgehen Moskaus. "Vergangene Nacht haben wir in Polen die schwerwiegendste Verletzung des europäischen Luftraums durch Russland seit Beginn des Krieges erlebt, und Hinweise deuten darauf hin, dass sie absichtlich erfolgte und nicht versehentlich", teilte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas mit.

 
Selenskyj fordert ein starkes Signal Richtung Moskau. (Archivbild)
Selenskyj fordert ein starkes Signal Richtung Moskau. (Archivbild)© Kay Nietfeld/dpa

Selenskyj: äußerst gefährlicher Präzedenzfall für Europa

Nach dem Abschuss mehrerer Drohnen im polnischen Luftraum hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine starke Reaktion gefordert. Moskau teste immer die Grenzen des Möglichen und bleibe, wenn es keine starke Reaktion gebe, auf einer neuen Eskalationsstufe, schrieb er in sozialen Medien.

Er sprach von einem "äußerst gefährlichen Präzedenzfall für Europa". Seinen Informationen nach drangen mindestens acht russische Drohnen iranischer Bauart in den polnischen Luftraum ein. Auch nach Angaben der polnischen Regierung stammen die abgeschossenen Drohnen aus Russland.

Selenskyj warnte, wenn Maßnahmen gegen Russland und dessen Verbündete verzögert würden, nähme die Brutalität der Angriffe nur zu. Ausreichend Waffen seien nötig, um Russland abzuschrecken.

 

Konfliktpotenzial an Ostflanke

Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 haben Polen und die baltischen NATO-Mitglieder Angst, in diesen Konflikt hineingezogen zu werden. Bei den jetzigen ersten Luftraumverletzungen mit Drohnen an der Ostflanke blieb unklar, ob es sich um technische Störungen handelte. Auch Luftverteidigungssysteme können die unbemannten Systeme vom Kurs abbringen.

Die große Zahl an Drohnen der vergangenen Nacht lässt aber ein Aufschaukeln der Lage an der Nato-Außengrenze erkennen. Europäische NATO-Militärs sagen seit geraumer Zeit, Russland wolle die Reaktion der NATO testen und Zweifel am Handlungswillen säen. Das Bündnis hat zum Schutz des Luftraums in Polen derzeit niederländische F-35-Tarnkappenjets sowie aus Deutschland Eurofighter und Patriot-Luftverteidigungssysteme im Einsatz.

Kann Polen um Unterstützung der NATO bitten?

Ja. In einem ersten Schritt würde das Land aber wahrscheinlich ein Verfahren nach Artikel 4 des NATO-Vertrags beantragen. Er sieht Beratungen vor, wenn sich ein NATO-Staat von außen gefährdet sieht. Konkret heißt es darin: "Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist."

Der Artikel wurde seit Gründung des Bündnisses 1949 siebenmal in Anspruch genommen - zuletzt am 24. Februar, dem Tag des russischen Überfalls auf die Ukraine. Beantragt wurde das damals von Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechien und der Slowakei.

Dass Polen nach Artikel 5 um militärische Unterstützung der Allianz bittet, gilt vorerst als sehr unwahrscheinlich - auch weil dies ein erhebliches Eskalationsrisiko bergen würden. Artikel 5 des NATO-Vertrags regelt die Beistandsverpflichtung in der Allianz und besagt, dass ein bewaffneter Angriff gegen einen oder mehrere Alliierte als ein Angriff gegen alle angesehen wird.

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