"Habe Unschuldige getötet"
Solingen-Prozess um Messerangriff: Angeklagter legt Geständnis ab
- Aktualisiert: 27.05.2025
- 14:12 Uhr
- Christopher Schmitt
In Solingen starben bei einem mutmaßlich islamistischen Terroranschlag im August drei Menschen. Nun steht der Verdächtige vor Gericht - und gesteht die Messerattacke. Es soll sich um einen IS-Terroristen handeln.
Im Strafprozess um den mutmaßlich islamistischen Terroranschlag von Solingen mit drei Toten hat der Angeklagte die Tat gestanden. In einer Erklärung, die seine Verteidiger:innen für ihn abgaben, räumte der Syrer Issa al H. den Messerangriff ein. "Ich habe schwere Schuld auf mich geladen. Ich bin bereit, das Urteil entgegenzunehmen." Weiter ließ er verlesen: "Ich habe Unschuldige getötet, keine Ungläubigen."
Bei den Todesopfern handelt es sich um zwei Männer (56 und 67 Jahre alt) und eine Frau (56). Acht Menschen wurden verletzt. Zwei Besucher:innen soll der Angreifer knapp verfehlt, aber ihre Kleidung zerfetzt haben. Auch diese Attacken wertet die Bundesanwaltschaft als Mordversuche.
Der Prozess findet im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Düsseldorf statt. Sowohl Verletzte als auch Angehörige von Todesopfern des Anschlags treten in dem Prozess als Nebenkläger auf. Insgesamt sind es zwölf Nebenkläger.
Dreifacher Mord, zehnfacher Mordversuch
Der Strafprozess gegen den Syrer hat neun Monate nach der blutigen Messerattacke auf dem Solinger Stadtfest in Düsseldorf begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem Angeklagten dreifachen Mord und zehnfachen versuchten Mord vor. Außerdem soll er IS-Terrorist sein und wenige Stunden vor der Tat am Abend des 23. August 2024 dem sogenannten Islamischen Staat in Videos die Treue geschworen haben.
Er habe in islamistisch-dschihadistischen Foren gezielt Kontakt zum IS gesucht, sagte ein Vertreter der Bundesanwaltschaft kurz vor Beginn des Prozesses. Ideologische Operateure des IS hätten ihn dann - auch bei der Auswahl der Tatwaffe - angeleitet. Der Angeklagte betrat den Gerichtssaal bekleidet mit einem blauen T-Shirt und hielt den Kopf auf der Anklagebank überwiegend gesenkt.
Anschlag auf dem "Festival der Vielfalt"
Auf drei Bühnen wollte die Stadt Solingen im August ihr 650-jähriges Bestehen feiern. 75.000 Menschen wurden an dem Wochenende zum "Festival der Vielfalt" erwartet. Doch schon am ersten Abend um 21:37 Uhr gellten Schreie des Schmerzes und des Entsetzens. Kurz darauf wurde das Fest abgebrochen.
Issa al H. war einen Tag nach der Tat in Solingen festgenommen worden. Seither sitzt er in Untersuchungshaft.
"Beweislage erdrückend"
Der Solinger Rechtsanwalt Simon Rampp vertritt acht Betroffene – sowohl Verletzte als auch Angehörige von Todesopfern des Anschlags. "Aus meiner Sicht ist die Beweislage erdrückend. Die Ermittler:innen haben extrem gute Arbeit geleistet", sagte er vor Prozessbeginn. Er werde sich für die Höchststrafe einsetzen, sollten sich die Vorwürfe bestätigen.
Ein Abschiebungsversuch
Der Anschlag hatte die politische Diskussion um Abschiebungen, das Dublin-System und die innere Sicherheit in Deutschland befeuert. Sicherheitspakete wurden geschnürt und verabschiedet. Ein Untersuchungsausschuss im Düsseldorfer Landtag befasst sich derzeit unter anderem mit der Frage, warum die Abschiebung des späteren mutmaßlichen Attentäters scheiterte.
Issa Al H. sollte schon 2023 den EU-Asylregeln zufolge ins Erstaufnahmeland Bulgarien abgeschoben werden. Als er aus der Flüchtlingsunterkunft abgeholt werden sollte, war er aber nicht aufzufinden. Ein weiterer Rückführungsversuch wurde nicht unternommen. Die Frist verstrich und er bekam dadurch subsidiären Schutz in Deutschland.
Das Düsseldorfer Oberlandesgericht hat bis zum 24. September 22 Verhandlungstage angesetzt.
- Verwendete Quellen
- Nachrichtenagentur dpa