Kehrtwende in Ukraine-Politik
Trump erhöht Druck auf Putin - doch lässt sich der Kreml-Machthaber davon beeindrucken?
- Aktualisiert: 15.07.2025
- 15:15 Uhr
- Joachim Vonderthann
US-Präsident Trump droht Russlands Machthaber Putin mit Zöllen und Waffenlieferungen an die Ukraine. Offiziell gibt sich der Kreml weiter gelassen. Zurecht?
Inhalt
- Trump will Moskaus Handelspartner bestrafen
- Setzt Trump seine Drohungen wirklich um?
- Wer sind die größten Handelspartner Russlands?
- Gibt es auch neue Waffen für die Ukraine?
- Vom guten Verhältnis zu "Bullshit"
- Trump soll Selenskyj nach Angriff auf Moskau gefragt haben
- Putins Leute geben sich offiziell gelassen
- Medwedew: "Theatralisches Ultimatum" von Trump
US-Präsident Donald Trump setzt Russlands Präsident Wladimir Putin eine Frist: Wenn es bei den Bemühungen um ein Ende des russischen Kriegs gegen die Ukraine innerhalb von 50 Tagen keinen Deal gebe, dann würden die USA hohe Zölle gegen Russlands Handelspartner erheben. Das kündigte der Republikaner bei einem Treffen mit NATO-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus an, wo beide Waffenlieferungen für die Ukraine bestätigten.
Trump vollzieht damit einen politischen Kurswechsel in seiner Haltung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine, der vor dreieinhalb Jahren begonnen hat.
Trump will Moskaus Handelspartner bestrafen
Zu den Strafzöllen machte Trump keine detaillierten Angaben. Er sprach von "Sekundärzöllen", also von Zöllen gegen Russlands Handelspartner in Höhe von etwa 100 Prozent. Damit könnte die wirtschaftliche Basis des Kremls weiter geschwächt werden, indem vor allem große Abnehmer wie China und Indien stärker unter Druck gesetzt werden. Welche Länder es konkret treffen könnte, hat Trump nicht ausgeführt.
Sollten die Einnahmen Russlands aus dem Öl- und Gasgeschäft durch die Sanktionen wirklich teilweise wegbrechen, hätte der Kreml massive Finanzierungsprobleme, wie "ZDFheute" berichtet. Die Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten, wäre dann mehr als schwierig.
Setzt Trump seine Drohungen wirklich um?
Laut "ZDFheute" ist jedoch fraglich, ob Trump tatsächlich bereit ist, für die Ukraine einen neuen Zollstreit mit China oder Indien zu riskieren. Die Auswirkungen eines solchen Zollstreits würden auch die USA treffen und wohl zu neuen Unruhen auf dem Weltmarkt führen, heißt es weiter. Bei russischem Gas wären Sekundärsanktionen ebenfalls schwierig, denn auch europäische Länder wie Österreich und Ungarn kaufen immer noch Putins Gas.
Als problematisch nennt der Bericht auch, russisches Öl aus dem Markt zu verdrängen. Diese macht zehn Prozent des Weltmarktes aus. Ein Verdrängen würde wohl mit massiven Turbulenzen beim Ölpreis einhergehen und wäre kurzfristig nicht umsetzbar.
Wer sind die größten Handelspartner Russlands?
Der mit Abstand größte Handelspartner für Russland ist China. Den Zolldaten für 2024 (liegen nur bis zum Oktober vor) zufolge lag der Handel zwischen beiden Nachbarn bei 244 Milliarden Dollar. China gilt als wichtigster Unterstützer Moskaus bei dessen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auf den weiteren Plätzen folgen Indien, die Türkei, Belarus und Kasachstan. Indien hat vor allem den Import von Öl und Gas aus Russland nach den westlichen Ölsanktionen gegen das Land gesteigert. Die Türkei gilt als Drehscheibe und Zwischenhändler im Russlandhandel - auch für Waren aus Europa.
Gibt es auch neue Waffen für die Ukraine?
Ja. Die USA liefern Waffen aus, die allerdings über NATO-Verbündete zu 100 Prozent bezahlt werden. Trump sagte über die Waffen: "Wir kaufen sie nicht, aber wir werden sie herstellen." Es geht um Flugverteidigungssysteme vom Typ Patriot.
NATO-Generalsekretär Rutte erwähnte bei dem Deal auch Raketen und Munition. Deutschland sei derzeit massiv engagiert, aber auch Länder wie Finnland, Dänemark, Schweden, Norwegen, England, die Niederlande und Kanada. "Sie alle wollen Teil davon sein - und das ist nur die erste Welle - da wird noch mehr kommen", sagte der Niederländer. Man werde über die NATO-Strukturen den genauen Bedarf der Ukraine ermitteln, um dann mit "mit Tempo und Pragmatismus" Pakete schnüren zu können.
Zu den Patriot-Systemen sagte Trump, es gebe ein Land, das 17 dieser Systeme habe, die für eine Verschiffung bereits seien. Man arbeite an einem Deal, um die 17 oder einen großen Teil davon nach Polen zu senden. Um welches Land es sich handelt, sagte Trump nicht.
Vom guten Verhältnis zu "Bullshit"
Doch woher kommt die plötzliche Wende in Trumps Ukraine-Politik? Während unter seinem Amtsvorgänger Biden zwischen Washington und Moskau über längere Zeit weitgehend Funkstille geherrscht hatte, telefonierte Trump seit seinem Amtsantritt im Januar mindestens sechsmal mit Putin. Die von Trump eingebrachte Idee eines bedingungslosen Waffenstillstands lehnt der Kremlchef nach wie vor ab.
Trump hatte dennoch immer wieder sein gutes Verhältnis zu Putin betont - zuletzt änderte er aber seinen Ton. Vor knapp einer Woche warf er Putin vor, "Bullshit" zu reden - und ließ eine gewisse Desillusion erkennen: "Er ist die ganze Zeit sehr nett, aber es stellt sich heraus, dass es bedeutungslos ist."
Trump soll Selenskyj nach Angriff auf Moskau gefragt haben
Laut einem Bericht der "Financial Times" soll Trump die Ukraine inzwischen sogar zu Angriffen tief im russischen Hinterland ermutigt haben. Bei einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe er gefragt, ob Kiew Russlands Hauptstadt Moskau oder die zweitgrößte Stadt des Landes, St. Petersburg, treffen könne, falls die USA Langstreckenwaffen lieferten, hieß es unter Berufung auf zwei mit dem Gespräch vertraute Personen. Das Weiße Haus kommentierte den Bericht nicht, Kremlsprecher Peskow sprach von mutmaßlichen Falschmeldungen.
Putins Leute geben sich offiziell gelassen
Nach Außen hin gibt sich der Kreml ohnehin unbeeindruckt von Trumps Ultimatum, den Zolldrohungen und den angekündigten Waffenlieferungen. Trumps Entscheidungen seien schädlich für die Friedensbemühungen, hieß es am Dienstag aus Moskau. Dies nehme die ukrainische Seite als Zeichen für eine Fortsetzung des Krieges wahr, sagte Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge.
Kritik kam auch aus dem Außenministerium. Die Waffenlieferungen zeugten davon, dass die NATO den Krieg fortsetzen wolle, sagte Vizeminister Alexander Gruschko. Russland weise alle Versuche zurück, dem Land Forderungen oder gar Ultimaten aufzuzwingen, erklärte derweil Sergej Rjabkow, ein weiterer Vizeaußenminister in Moskau.
Medwedew: "Theatralisches Ultimatum" von Trump
Zuvor hatten ranghohe Politiker in Russland schon mit Häme auf Trumps Ankündigungen reagiert. "Wenn das alles ist, was Trump heute zur Ukraine sagen wollte, dann sind die Erwartungen bisher zu hoch gesteckt worden", schrieb der Vizechef des russischen Föderationsrates, Konstantin Kossatschow, am Montagabend bei Telegram. Die Stimmung in Russland werde Trump nicht beeinflussen, allein die US-Rüstungsindustrie profitiere und die Europäer zahlten die Zeche, schrieb er.
Russlands Ex-Präsident und Kreml-Hardliner Dmitri Medwedew bezeichnete Trumps Äußerungen am Dienstag als "theatralisches Ultimatum an den Kreml". Die Welt habe wegen der befürchteten Folgen gezittert, die streitsüchtigen Europäer seien enttäuscht, "Russland war es egal", schrieb der als Vizechef des nationalen Sicherheitsrats in Moskau nach wie vor einflussreiche Politiker auf X.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters
- ZDFheute: "Können Trumps Drohungen Putin einschüchtern?"