Zunächst ohne Pflicht
Klarheit über neuen Wehrdienst: Pistorius’ Gesetzentwurf enthüllt Details und löst Debatten aus
- Veröffentlicht: 08.07.2025
- 18:01 Uhr
- Benedikt Rammer
Monatelang wurde über die Ausgestaltung des neuen Wehrdienstes spekuliert, der im Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD vereinbart wurde. Ein Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius schafft nun Klarheit über die Pläne zur Stärkung der Bundeswehr.
Das Wichtigste in Kürze
Verteidigungsminister Pistorius möchte den neuen Wehrdienst freiwillig gestalten, mit einer möglichen Pflichtoption.
Die Bundeswehr muss wachsen, um NATO-Anforderungen zu erfüllen, während politische Hürden für die Pflicht bestehen.
Der Gesetzentwurf soll Ende August ins Kabinett eingebracht werden, das Inkrafttreten ist für Anfang 2026 geplant.
Seit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages durch CDU, CSU und SPD war unklar, wie der neue Wehrdienst konkret aussehen sollte. Der Vertrag sah vor, zunächst auf Freiwilligkeit zu setzen, orientierte sich jedoch auch am schwedischen Modell mit Pflichtelementen. Der "Spiegel" berichtete nun über einen Gesetzentwurf aus dem Haus von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der für mehr Klarheit sorgt.
Bedrohung durch Russland macht neuen Wehrdienst nötig
Am Jahresende 2024 bestand die Bundeswehr aus rund 181.150 Soldat:innen, ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr. Das Durchschnittsalter der Soldat:innen steigt, während der Renteneintritt der Babyboomer weitere Lücken in den Reihen reißen könnte. Um den Anforderungen der NATO angesichts der Bedrohung durch Russland gerecht zu werden, müsste die Bundeswehr auf 260.000 Soldat:innen wachsen. Zudem wird eine Reserve von 200.000 Soldat:innen als notwendig erachtet, während derzeit nur 40.000 verfügbar sind.
Verteidigungsminister Pistorius plant, zunächst 15.000 neue Wehrdienstleistende zu gewinnen und diese Zahl auf 100.000 zu steigern. Männer und Frauen zwischen 18 und 25 Jahren sollen angeschrieben werden, wobei nur Männer zur Antwort und Musterung verpflichtet wären. Der Wehrdienst würde mindestens sechs Monate dauern und könnte um 12 Monate verlängert werden. Die Attraktivität des Dienstes soll durch finanzielle Gleichstellung mit Zeitsoldat:innen und interessante Ausbildungsinhalte gesteigert werden.
Mögliche Pflicht und politische Hürden
Der Gesetzentwurf erlaubt es der Bundesregierung, mit Zustimmung des Bundestages eine verpflichtende Heranziehung von Wehrpflichtigen anzuordnen, falls die verteidigungspolitische Lage dies erfordert. Es gäbe keine festen Kriterien oder Automatismen für das Greifen der Pflicht. Die politische Hürde für die Aktivierung der Wehrpflicht würde bis zur Bundestagswahl 2029 steigen.
Thomas Röwekamp (CDU), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses im Bundestag, begrüßte die Vorschläge als gute Grundlage für Beratungen zum personellen Aufwuchs der Bundeswehr, äußerte jedoch Zweifel an einem rein freiwilligen Ansatz. "Ich habe unverändert Zweifel, ob uns diese personelle Kraftanstrengung nur mit einem freiwilligen Wehrdienst gelingt“, sagte er zum "ReaktionsNetzwerk Deutschland" (RND) Falls das misslinge, müsse man die Wehrpflicht "bereits nach einem Jahr aktivieren können". Norbert Röttgen (CDU) kritisierte die Pläne und bezweifelte gegenüber "RND" die Erreichbarkeit einer neuen Kampffähigkeit in akzeptablem Umfang.
Boris Pistorius plant, den Gesetzentwurf Ende August ins Kabinett einzubringen, woraufhin der Bundestag darüber beraten und beschließen müsste. Das Gesetz soll Anfang 2026 in Kraft treten. Ob der Entwurf durchkommt, hängt von Kanzler Friedrich Merz’ Haltung ab.
- Verwendete Quellen:
- ReaktionsNetzwerk Deutschland: "Wie Boris Pistorius den neuen Wehrdienst plant"
- Nachrichtenagentur dpa