Polit-Talk zum NATO-Bündnis
Außenminister Wadephul bei Illner: Auf Trump ist Verlass
- Veröffentlicht: 27.06.2025
- 13:48 Uhr
- Michael Reimers
Nicht nur NATO-Chef Mark Rutte, auch Deutschlands Außenminister Johann Wadephul ist voll des Lobes für Donald Trump. Die Reaktion des US-Präsidenten beim NATO-Gipfel sorgt bei den europäischen Partnern für enorme Erleichterung.
Schon die blanke Anwesenheit von Donald Trump beim jüngsten NATO-Gipfel in Brüssel geriet zum Politikum. Dass der US-Präsident dann erstens tatsächlich teilnahm, ohne wieder vorfristig wieder abzureisen, und zweitens dann auch noch verkündete, den Europäern weiterhin Beistand zu leisten, wenn es nötig sei, ließ auch Johann Wadephul (CDU) offenbar aufatmen.
Auf den US-Präsidenten könne man sich verlassen, die Administration der USA habe das am Mittwoch (25. Juni) unterschrieben, sagte Wadephul beim Gipfel-Nachklapp im ZDF-Polittalk von Moderatorin Maybritt Illner. Trump verlange von den Europäern mehr Geld für die NATO, "weil er mit uns gemeinsam Europa verteidigen will", so der CDU-Politiker.
Wadephul: "Wir müssen zu mehr bereit sein"
Deutschlands neuer Außenminister lobte in der Sendung zunächst NATO-Chef Mark Rutte, der Spott ernete, nachdem er sich zu regelrechten Begeisterungsausbrüchen über den US-Präsidenten hatte hinreißen lassen, die Trump prompt auf "Truth Social" mit der Weltöffentlichkeit teilte.
"Ich finde, dass der NATO-Generalsekretär den Gipfel hervorragend vorbereitet hat", resümierte Wadephul bei "Illner". "Wir haben weitreichende Beschlüsse gefasst, die die NATO lange nicht gefasst hat. Sie hat sich einig gezeigt, in einer kritischen Phase."
Nach der Vorgabe von Trump vereinbarten die europäischen NATO-Mitglieder, künftig fünf Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Nach dem Amtsantritt von Trump hätten hingegen noch viele an dem Weiterbestehen des Bündnisses gezweifelt, so Wadephul. "Wichtig ist, dass wir mehr ausgeben für Verteidigung, aber auch, dass Trump gesagt hat, er steht zur NATO und zu Europa. Das ist ein Erfolg, und das hat Mark Rutte herbeigeführt." Die USA seien der wichtigste Verbündete Europas, so Wadephul. Ohne sie werde Europa sich seine Verteidigung auf lange Zeit nicht leisten können. Man brauche die USA, weil sich Russland entschieden habe, weiter aufzurüsten.
Außenminister: "Es steht viel auf dem Spiel"
Wadephul verspricht der Ukraine auch aus diesem Grund weitere Unterstützung bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. Selbst dann, wenn sich die USA zurückziehen sollten. "Wir müssen zu mehr bereit sein", sagte der Minister. "Das wird eine große Anstrengung werden. Aber es steht auch viel auf dem Spiel." Die Alternative sei, dass die Ukraine den Krieg verliere und Russland noch stärker werde. "Und bei dem Aggressionspotenzial, das wir bedauerlicherweise zurzeit unterstellen, wäre das für uns alle sehr gefährlich. Und das können wir uns nicht leisten", so Wadephul.
Schon seit 15 Jahren hätten die USA von Europa mehr Geld für die NATO gefordert, pflichtete Politikwissenschaftlerin Florence Gaub von der NATO-Militärakademie in Rom dem Außenminister bei. "Jetzt haben wir einen Präsidenten, der die Schnauze voll hat und nicht sehr diplomatisch ist." Für die USA sei China die strategische Bedrohung Nummer eins.
"Die USA können keinen Zwei-Fronten-Krieg führen. Sie können nicht gleichzeitig Taiwan verteidigen und uns", so Gaub. "Darum müssen alle Beteiligten mehr machen, damit sie geschützt sind. Wir Europäer haben die ganze Zeit so getan, als wäre es nicht unser Problem. Aber es ist unser Problem. Man kann lachen über Mark Rutte und dass er sich quasi demütigt. Aber er macht es für uns, damit wir hier in Sicherheit sitzen können. Und am Ende sollte man ihn nach dem Ergebnis beurteilen."
Linken-Chef van Aken widerspricht Wadephul
Unzufrieden mit den Zielen der NATO zeigte sich ein weiterer Talkshow-Gast: Jan van Aken. Die Vereinigten Staaten seien seit Jahren unzuverlässig, monierte der Linken-Chef. Darum müsse Sicherheit europäisch gedacht werden. "Was bei dieser Diskussion immer hochgehalten wird, ist die Bedrohung durch Russland. Wir sind uns einig: Die haben ein Nachbarland überfallen, die sind eine Bedrohung. Aber wir haben Waffensysteme, die brauche ich nicht für Europa. Die brauche ich, um überall einsatzfähig zu sein. Und das möchten wir als Linke nicht, dass wir hier eine Bundeswehr oder eine europäische Armee haben, die überall auf der Welt Kriege führt, nur damit sie neben China, Russland und den USA die vierte militärische Weltmacht ist." An einem Beispiel wurde von Aken konkret: Man brauche keine Fregatten, die 365 Tage keinen Heimathafen anliefen, um internationale Handelswege zu schützen.
"Sollen wir unsere Handelswege aufgeben?"
Wadephul konterte, niemand wolle einen Krieg führen, und fragte van Aken: "Sollen wir unsere Handelswege aufgeben? Wenn wir durch das Rote Meer oder den Suezkanal nicht mehr durchfahren können, dann sagen Sie, das sei dann eben so? Dann ist unsere Handelsbeziehung nach Südostasien gestört, und das interessiert Sie nicht weiter." Das sei ein Fall für die Diplomatie, erwiderte van Aken. "Am Ende kommen Sie mit Auslandseinsätzen nirgendwo weiter", so der Linken-Politiker.
"Von Auslandseinsätzen redet gar keiner mehr", wandte Florence Gaub ein. Wenn man sage, theoretisch müsse man dazu in der Lage sein, gehe es praktisch um die Sicherung Europas. Handelswege müssten auch weiterhin geschützt werden. Die führten in Zukunft beispielsweise auch durch die Arktis, wo sich russische Atom-U-Boote befänden. "Wir treffen keine Entscheidungen für heute. Wir treffen heute Entscheidungen für 2040", so Gaub. Nur die NATO könne einen nuklearen Schutz gegen die Atommacht Russland bieten.
- Verwendete Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa
- Nachrichtenagentur Reuters
- Sendungskritiken verschiedener Medien